Christopher reist wieder im Nahen Osten

■ US-Vermittlung im Friedensprozeß

Tel Aviv (taz) – US-Außenminister Warren Christopher zeigte sich zu Beginn seiner 13. Reise in den Nahen Osten ungewöhnlich optimistisch: In die Verhandlungen Israels mit seinen arabischen Nachbarn sei Bewegung gekommen, sagte er am Donnerstag in Jerusalem. Die Aussichten auf Fortschritte bei den Verhandlungen zur Herstellung eines allumfassenden Friedens in der Region seien gestiegen. In Kairo kam Christopher gestern bei einem kurzfristig einberufenen Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak und Israels Premier Jitzhak Rabin zusammen.

Am Sonntag will Christopher mit Palästinenserchef Jassir Arafat in Jericho zusammentreffen. Dabei wird Arafat wieder mehr finanzielle Hilfe fordern. Der US-Außenminister wird seinen Gesprächspartner dazu bewegen wollen, neue Konzessionen gegenüber Israel zu machen.

Das Hauptaugenmerk des amerikanischen Außenministers ist jedoch auf die Wiederaufnahme von israelisch-syrischen Militärverhandlungen gerichtet. Hauptstreitpunkt zwischen beiden Ländern sind Umfang und Zeitplan eines israelischen Abzuges von den seit 1967 besetzten Golanhöhen. Die ersten Gespräche zwischen den israelischen und syrischen Stabschefs fanden im Dezember 1994 in Washington statt. Seitdem ist nicht viel geschehen.

Erst in den letzten Wochen haben neue Initiativen und Versprechen der US-Regierung die Regierungen in Israel und Syrien konzessionsbereiter gemacht. So sprechen die Jerusalemer Regierungsführer jetzt zum ersten Mal von Israels prinzipieller Bereitschaft, den gesamten syrischen Golan zurückzugeben.

Gleichzeitig schlagen syrische Medien einen ungewöhnlich optimistisch-versöhnlichen Ton an, wenn sie jetzt über den Christopherbesuch und die bevorstehenden Verhandlungsrunden mit Israel berichten.

Voraussichtlich werden also am 27. Juni die Stabschefs beider Armeen, General Hikmet Schihabi und General Amnon Lipkin-Schachak in Anwesenheit hoher amerikanischer Stabsoffiziere im Washingtoner Außenministerium über zukünftige Sicherheitsvorkehrungen im Golan konferieren.

Doch die wichtigsten Fragen im Friedensprozeß, über die die syrischen, israelischen und amerikanischen Politiker reden müssen, bleiben noch offen: die neuen Grenzen auf die sich Israel zurückziehen wird, die Dauer der einzelnen Rückzugsphasen im Golan, und der Zeitpunkt, zu dem die Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zwischen Syrien und Israel in Kraft treten soll.

Wenn – wie Präsident Clinton beabsichtigt – ein Abkommen noch vor Beginn des kommenden amerikanischen und israelischen Wahljahres unterschriftsbereit vorliegen soll, muß ein völlig neues Verhandlungstempo eingeschlagen werden. Christophers Hauptaufgabe ist jetzt, diese intensiv-beschleunigte Verhandlungsphase einzuleiten. Amos Wollin