Senat ignoriert Gericht

■ Anzeige gegen Ausländerbehörde

Der Verein „Asyl in der Kirche“ hat gegen den Leiter des Landeseinwohneramtes, dem die Ausländerbehörde untersteht, Strafanzeige wegen Freiheitsberaubung gestellt. „Seit Anfang des Jahres hat die Ausländerbehörde in mindestens zehn Fällen gegen Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien Abschiebehaft angeordnet“, so die Mitarbeiterin der Flüchtlingshilfsorganisation, Elisabeth Reese. „Dabei wird die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte einfach ignoriert“, stellt Elisabeth Reese fest.

Das Verwaltungsgericht hat mehrfach bestätigt, daß Abschiebungen nicht möglich sind, weil sich die jugoslawische Regierung weigert, Flüchtlinge aufzunehmen. Eine gerichtliche Anordnung, die Abschiebehaft zurückzunehmen, blieb bislang folgenlos, klagt Reese den Senat an.

Weil Abschiebungen nicht zulässig sind, wird das Verfahren als „kontrollierte freiwillige Rückkehr“ deklariert. Mit Freiwilligkeit hat das Vorgehen allerdings wenig zu tun, so die Anwältin. Den Betroffenen würde mitgeteilt, daß sie sich „zur Durchführung der Abschiebung beim Polizeipräsidenten einzufinden“ haben. Es werde Abschiebehaft angedroht, in mehreren Fällen sei sie tatsächlich verhängt worden. Anschließend würden die Flüchtlinge von der Polizei zum Flughafen gebracht. Daß sie sich dem Verfahren jederzeit widersetzen könnten, sei den Betroffenen meistens gar nicht bewußt, kritisiert Reese das Vorgehen der Behörde. Die Innenverwaltung hüllt sich angesichts der Vorwürfe in Schweigen. „Wir werden die Beteiligten befragen und dann gucken, was dabei rauskommt“, so Pressesprecher Norbert Schmidt.

Nicht nur die zweifelhafte Durchführung der „kontrollierten freiwilligen Rückführung“ stößt bei „Asyl in der Kirche“ auf Ablehnung. Die Organisation bezweifelt, daß eine freiwillige Rückkehr nach Rest-Jugoslawien überhaupt möglich ist. „Wir kennen einen Fall, in dem ein Rückkehrer alles nur Erdenkliche getan hat, um einreisen zu können. Trotzdem wurde er abgewiesen“, so Reese. Auch das Verwaltungsgericht kam Ende Mai zu dem Schluß, daß „die freiwillige Ausreise in die Bundesrepublik Jugoslawien derzeit nicht möglich ist“. Das Landeseinwohneramt hätte seine gegenteilige Auffassung beweisen müssen. „Dafür ist jedoch nichts ersichtlich“, kanzelte das Gericht die Behörde ab. Gesa Schulz