„Unserer Werbekampagne nicht gerade dienlich“

■ Detmar Karpinski, Geschäftsführer der Hamburger Werbeagentur K.N.S.K., die für die deutsche Shell AG die Werbung macht, über Glaubwürdigkeit und Imageverlust

taz: Herr Karpinski, werden Sie Ihre Werbung für Shell ändern?

Detmar Karpinski: Dazu gibt es noch keine Überlegungen.

Die geplante Versenkung der Ölplattform Brent Spar interessiert Sie nicht?

Sicher interessiert uns das. Aber ob und welche Auswirkungen das möglicherweise auf unsere Werbekampagne haben könnte, wird im Moment weder diskutiert noch überlegt.

Wirklich nicht?

Natürlich.

Für Shell werben Sie in Deutschland mit dem Slogan „Wir wollen etwas ändern“. Sind Sie der Meinung, daß man Ihnen das jetzt noch abkauft?

Es ist ja für jedermann klar ersichtlich, daß diese Geschichte, die im Moment in der Nordsee passiert oder passieren kann, unserer Werbekampagne nicht gerade dienlich ist. Ich denke, die Antwort reicht. Oder?

Sind Sie verärgert?

Natürlich ärgert uns das. Uns ärgert das aus dem Grund, weil wir das Gefühl haben, in der deutschen Shell Leute vorzufinden, die ihre Verantwortung wirklich ernst nehmen und die wirklich an diesen Themen arbeiten wollten. Die Leute, mit denen wir reden und die diese Ernsthaftigkeit bei diesen Anliegen hatten und auch weiterhin haben, sind nicht dieselben, die dafür verantwortlich sind, was mit der Brent Spar passiert.

Die Unterscheidung zwischen der britischen und der deutschen Shell ist Ihnen also wichtig?

Ja, natürlich. Wir sind die Werbeagentur der deutschen Shell, und was im Moment in der Nordsee passiert oder passieren kann, liegt ganz allein in der Verantwortung der britischen Shell.

Wie wollen Sie denn erreichen, daß Kinobesucher Ihre Werbung für die deutsche Shell sehen und nicht an die Nordsee-Versenkung denken?

Mit Werbung kann man den Glaubwürdigkeitsverlust natürlich nicht wettmachen. Außerdem ist die Frage noch längst nicht geklärt, wer sich im Recht und wer sich im Unrecht befindet. Es ist auch hochinteressant, wie sich unsere Umweltministerin Merkel äußert. Erst läßt sie eine ihr zustehende 90-Tage-Einspruchsfrist bei der EU verstreichen, dann gibt es auf einmal eine Pressekampagne gegen Shell, die natürlich sehr populär ist, weil alle Leute starke Sympathien hegen für die Greenpeace-Leute, und schon dreht Frau Merkel ihr Fähnchen nach dem Wind und sagt, ich bin übrigens auch dagegen, daß die Plattform versenkt wird. Dann ist sie plötzlich wieder dafür, im Moment gerade wieder mal dagegen. Wenn also unsere Umweltministerin nicht weiß, ob das da in Ordnung ist, was soll dann so ein kleiner Werbetexter wie ich zu diesem Fall sagen?

Haben Sie dennoch eine persönliche Meinung?

Ich habe einerseits starke Sympathien für Greenpeace, auf der anderen Seite für meinen Kunden. Ich höre die Argumente von beiden. Ich bin kein Fachmann und kann nicht beurteilen, welche Argumente die richtigen sind, einschließlich jene der britischen Regierung, die sich ja auf die Seite von Shell geschlagen hat. Und offensichtlich auch auf die Seite der Esso, die ja auch plant, Bohrinseln zu versenken. Shell war unglücklicherweise das erste Unternehmen, das diese Absicht kundgetan hat.

Lehnen Sie auch Kunden ab?

Wir würden keine Werbung für Atomkraftwerke machen. Für politische Parteien würden wir auch nicht werben. Hin und wieder muß man sich überlegen, ob man für Kunden tätig wird oder nicht. Mit der deutschen Shell hat das allerdings nichts zu tun. Interview: Thorsten Schmitz