Rot-Grün in NRW: „Es geht voran“

■ Rau rechnet „ziemlich sicher“ mit Abschluß noch vor der Sommerpause

Düsseldorf (taz) –Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau hat gestern vor der SPD-Landtagsfraktion erklärt, er sei sich „ziemlich sicher“, noch vor der Sommerpause ein abstimmungsfähiges Verhandlungsergebnis vorlegen zu können. Ein erfolgreicher Abschluß der rot-grünen Verhandlungen sei „möglich“, aber es bedürfe „noch ganz erheblicher Anstrengungen, wenn das gelingen soll“. Der Koordinator der SPD-Verhandlungsdelegation, Staatskanzleichef Wolfgang Clement, wertete die bisherigen Verhandlungen als „konstruktiv“. Der Prozeß entwickle sich positiv und „gehe eindeutig voran“. Am Donnerstag wollen die acht Arbeitsgruppen erstmals Nägel mit Köpfen machen und zu allen Politikfeldern die Gemeinsamkeiten, Dissense und möglichen Lösungsvorschläge schriftlich fixieren. Neben dem umstrittenen Braunkohletagebau Garzweiler II gibt es im Finanz-, Schul-, Verkehrs- und Forschungsbereich zahlreiche Hürden, die einer Einigung noch im Wege stehen.

Für die SPD, das versicherte SPD-Fraktionschef Klaus Matthiesen gestern seinen eigenen Leuten, sei „die Totalablehnung der Gentechnologie genauso wenig hinnehmbar wie schwere Beeinträchtigungen des Chemiestandortes NRW durch ein generelles Verbot der Chlorchemie“. Zudem sei die Erschließung neuer Steinkohlelagerstätten ebenso unverzichtbar wie „das Festhalten an der rechtsgültigen Genehmigung von Garzweiler II“. Clement mochte gestern zwar auch für NRW eine große Koalition „nicht völlig ausschließen“, aber Verhältnisse wie in Bremen sieht er in naher Zukunft nicht: Die Bremer Situation sei mit der in NRW „überhaupt nicht vergleichbar“. Der Bergbaugewerkschaft IGBE, die für eine große Koalition trommelt, empfahl Clement, sich doch noch einmal die CDU-Politik im Energiebereich anzusehen. So habe gerade die Bonner Regierungskoaltion immer wieder die Finanzleistungen für die Steinkohle zusammengestrichen. Auch bei Garzweiler stehe die Begeisterung der CDU für dieses Projekt offenbar in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zu den Koalitionsverhandlungen.

Michael Vesper, der grüne Realovormann, warnte gestern davor, die rot-grüne Koalition herunterzureden. Es werde „keine Notgemeinschaft geben können“, sondern die Koalition müsse sich das Fundament gießen und die Kraft entwickeln, den Menschen in NRW „neue Hoffnung für ihre Lebensperspektiven“ zu vermitteln. Als bloße Mehrheitsbeschaffer zur Fortsetzung der bisherigen SPD- Politik stünde man „nicht zur Verfügung“. Über das Verhandlungsergebnis wollen SPD und Grüne ihre Basis jeweils auf Parteitagen am 2. Juli abstimmen lassen. Walter Jakobs