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■ Christo verhülltMonitore machen Marketing

Die „Christo-family“, wie sich die deutschen Mitarbeiter des amerikanischen Ehepaares nennen, wurde gestern um 1.200 Kinder größer, genauer um 1.200 „Monitore“. Menschliche „Monitore“ haben nicht etwa viereckige Köpfe, flimmernde Augen mit den lange ersehnten Knöpfen zum An- und Ausstellen.

„Monitore“ nennen Christo und seine Frau Jeanne-Claude die Menschen, die direkt an ihren Projekten Informationen verteilen. Während der Reichstagsverhüllung sollen die Monitore rund um das Parlamentsgebäude „fact-sheets“ unter die Leute bringen, wie Siegward Hausmann, Leiter der Monitore bei der Reichstagsverhüllungs GmbH, erklärt.

Werbung sollen sie machen – und nebenbei auch ganz normale Antworten auf ganz normale Fragen geben.

Das gelingt allerdings nur, wenn die lebenden Bildschirme auf ihrem Lehrgang, der heute fortgesetzt wird, im Haus der Kulturen der Welt aufpassen und die erwartete Christo-Bindung unter den Helfern entsteht. Deutschsprachige „Monitore“ aus 22 Ländern, zwischen 18 und 63 Jahren alt, werden dort in den Fächern „Christos Biographie“, „Die letzten hundert Jahre des Reichstags“, „Die großen Projekte von Christo“, aber auch in Erster Hilfe und Gebäudeschutz trainiert und speichern dabei etliche „facts“.

Damit der Service für den Christo-Fan perfekt läuft, versuchen die Amerikaner jeden Info- Mitarbeiter mit einem handsignierten Christo-Kunstdruck zu motivieren. Für jede Stunde Kunst-PR zahlt der Verpackungskünstler rund 8 Mark netto.

„Die Leute arbeiten hier, weil sie Spaß an der Sache und an der Kunst haben“, sagt Kathrin Specker, Pressesprecherin der „Verhüllter Reichstag GmbH“, zu dem Betrag. Auf Christo getrimmt, Strumpfgröße und Zahnpastamarke des großen Mannes auswendig gelernt, können die Marketing-Menschen loslegen: Rund um die Uhr stehen ab morgen 150 von ihnen an jeder Front des Reichstags, auch bei Mondschein können die BerlinerInnen „facts“ abfragen.

In vier Schichten wechseln sie sich ab. Die Monitorleitung garantiert ihnen, daß jeder seinen Dienst am Meisterwerk einmal an jeder Seite des Gebäudes verrichten kann. „Monitore“ sind an ihrem Einheitsdreß zu erkennen: Passend zum Silber-Reichstag, müssen sie graue T-Shirts mit blauer Schrift anziehen. Damit auch der letzte versteht, worum es geht, steht darauf „Christo und Jeanne-Claude Verhüllter Reichstag 1971–1995“, vorne in deutscher, hinten in englischer Sprache.

„Monitore“, die nicht gerade vor dem Reichstag für Christo werben, können von dem Buffet naschen, das Mutter Jeanne- Claude zusammengestellt hat. „Die Monitore sind Jeanne- Claudes Lieblinge. Alles, was mit den Monitoren zu tun hat, macht sie persönlich, oder es muß von ihr abgesegnet werden.“ Die Amerikanerin habe genau vorgegeben, was es zu essen gebe, sagt Kathrin Specker. „Nichts, was dick macht, nur Gemüse und Salate“. Dann kann ja nichts mehr schiefgehen mit der Ästhetik. Nina Kaden

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