■ beiseite
: Kleine Theaterkunde

Am Sonntag ist im Deutschen Theater ja schon die Spielzeit zu Ende. Rasch werden wir also noch vermelden, womit dort in der nächsten Saison zu rechnen ist. Sie wollen doch sicher Fakten, Fakten, Fakten. Die Fluktuation der Belegschaft hält sich in Grenzen. Neu engagiert wird als Schauspieler lediglich Jürgen Holtz, der sich nicht nur als „Motzki“, sondern auch schon mit einem Gastspiel von Rainald Goetz' „Katarakt“ beliebt gemacht hat. Hierdurch bestätigt sich die Strategie des DT – das Heiner Müller übrigens sehr hübsch einen Verein der „Mittelstandsnostalgienverwaltung“ nennt –, sämtliche Charakterdarsteller einzuheimsen, die nach Berlin kommen oder sich sonst nicht wehren. Und das war's dann. Kriegt etwa Götz Schubert ausreichend zu spielen? Im Maxim Gorki Theater war er die Säule des Ensembles. Und jetzt im Staatstheater? Doch eher ein Treppchen.

Weiter: Chefdramaturg Michael Eberth verläßt das DT, Dieter „Schaubühne“ Sturm kommt statt seiner. Zu sehen gibt es im Großen Haus ab 7. Oktober zunächst Kleists „Prinz Friedrich von Homburg“ in der Regie von Jürgen Gosch, zuvor in den Kammerspielen (Premiere: 7. September) aber endlich Horváths „Geschichten aus dem Wienerwald“ in der Regie von Thomas Langhoff.

Schalten wir um ins Maxim Gorki Theater, das es auch ohne Götz Schubert als Ensemblemitglied noch gibt und noch weiter geben wird, denn der bisherige Interimsintendant Bernd Wilms hat jetzt einen Vertrag bis Ende Juli 2000. Das Spielzeitheft 1995/96 ist schon einmal recht ansprechend gestaltet (selber nachgucken!), die osteuropäische Orientierung unübersehbar. Im größeren Häuschen wird ab 23. September „Kinder der Sonne“ von Maxim Gorki gezeigt (Regie: K. D. Schmidt, der als leitender Regisseur engagiert ist), und am 1. Oktober gibt's „Slawen!“ von Tony Kushner (Regie: Uwe Eric Laufenberg), dessen „Engel in Amerika“ wiederum im DT gespielt wird.

Genau auf der leichten Linie, die neuerdings den Spielplan des MGT durchzieht, liegt Zuckmayers „Hauptmann von Köpenick“, DIE vermeintlich immergrüne Komödie, die für Januar angesetzt ist. Bevor Sie jetzt alle anfangen zu gähnen, wollen wir noch kundtun und zu wissen geben, daß Harald Juhnke (gastweise) den Schuster Wilhelm Voigt spielen und Katharina Thalbach (gastweise) Regie führen wird. Michael Maertens, mit dem Thalbach die allerletzte Premiere im Schiller Theater bestritt (Coline Serreaus „Weißalles und Dickedumm“), ist ja am DT der etwa 593. Protagonist. Der 134. dürfte Kurt Böwe sein, und dessen Tochter Susanne ist (unter anderen) jetzt ans Maxim Gorki Theater engagiert worden. Zuletzt war sie am Staatsschauspiel Dresden. So schließen sich die Kreise, so teilt man sich die Pfründen.

Und das Berliner Ensemble? Dazu können Sie morgen einiges auf den überregionalen Kulturseiten lesen. Was den Spielplan betrifft, ist zunächst „Ein großes Brecht-Stück“ angekündigt, Regie: Einar Schleef. Welches, weiß man noch nicht. Aber groß wird es sein. Schleef wird auch einen „Faust III“ inszenieren, nach Müller und Ulbricht (!), der glaubte, der dritte Teil des Faust (freie Menschen in freiem Land) könnte von den Bewohnern eines sozialistischen Staates lebenden Leibes geschrieben werden. Nun, Schleef geht es dabei vor allem um die Frage: „Wieviel Drogen braucht man, um eine Utopie aufrechtzuerhalten?“ Was meinen Sie?peko