„Wo ist der Öffner?“

■ Mehrere tausend Werderfans ergaben sich auf dem Domshof ihrem Schicksal – und tranken

Das Reiterstandbild Bismarcks neben dem Dom hat so einen Menschenauflauf schon lange nicht mehr erlebt. Mehrere tausend Werderfans eroberten am Samstag nachmittag den Domshof, um sich dem Schicksal hinzugeben und das Unvermeidliche mitanzusehen. „Das schaffen die nicht“, war der zweithäufigste Satz des Nachmittags, noch bevor die Partie München gegen Bremen überhaupt angepfiffen war. Der häufigste Satz war: „Wo ist der Öffner“, denn anders als bei den üblichen Heimspielen des SV Werder hatten sich die Fans reichlich eingedeckt mit Flaschen- und Dosenbier für einen gemütlichen Nachmittag vor der Leinwand.

Die war die erste Enttäuschung des Tages. Die Techniker hatten die Sichtfläche mit Zellophanfolie abspannt, wohl eine Art Regenschutz. Der Wind schlug aber fortlaufend Wellen in die Folie, so daß dicke Schlieren aus Lichtreflexen die Sicht behinderten. Der Ball war mitunter kaum zu erkennen, und so wurde die Übertragung eine Art akustisches Happening.

Ja, gut, kommentieren muß man schon, aber warum ausgerechnet Beckenbauer? Premiere hatte damit in Bremen eine fast geschäftsschädigende Wahl getroffen. Schöner wäre ja gewesen: Ton defekt und dafür das Bild okay, unter diesen Umständen.

Dann hat sich doch der Anstoß des Spiels herumgesprochen, vor allem auch durch die vielen Transistorradios, die via Knopf im Ohr gehörsturzmäßig die schlechten Nachrichten aus Dortmund transistorieren sollten. Und dann kam's ja auch Knall auf Fall. Kaum hatte nämlich unser Hansi Gundelach - hab' ich da „Auge“ als neuen Spitznamen gehört? - den ersten Ballkontakt, da fiel in Dortmund das erste Tor durch Schwalben-Andi. Für die Bremer die schlimmste Piepmatz-Affäre seit Fücks.

Kaum hatten sich die Fans auf den Schreck hin ein Bier aufgemacht, da zimmerte es auch schon im eigenen Karton. Dieses 1:0 durch Ziege empfanden dann doch viele als persönliche Beleidigung, war ja auch verständlich. Also wieder das Trotbier aufmachen, und dann hörte man die ersten: „Habichdochgleichgesagtdasklapptnich“.

Klappte ja auch nichts, denn zu allem Unglück in München schlugen die Dortmunder wieder zu. Ich persönlich hab' ja nichts gegen Talente, aber gut, der Ricken, 2:0, schön war das nicht, Sie.

Die Zeit verging wie im Flug, und da flog dann auch Herzog mit im Strafraum und man schlägt vor Glück das Andreaskreuz, auch wenn man doch denkt, ob nicht vielleicht besser Herzog selbst den Elfer treten soll, aber dann Basler und TOOOOR. Darauf mal ein Bierchen!

Jubeln muß man schon dürfen, ist ja Fußball, schade nur, wenn die Zeit so kurz ist. Gerade nämlich hatte man sich ein gemütliches Unentschieden-Bierchen gegönnt, da öffnet sich auch die Bremer Abwehr wieder eine Ballbreite zu sehr. Zickler, den muß man nicht kennen, also wirklich, so jung und schon so verdorben. Aber so sindse, die Bayern, 2:1.

Ich will's kurz machen. Mehrere Chancen waren da, aber diese Schlechtwetterpropheten blieben im Recht. Konnte also auch rein stimmungsmäßig nichts mehr rausgerissen werden, außer ein paar Bierchen vielleicht, man macht das Beste draus. Und also köpften wir noch ein paar Fläschchen, und Zickler köpfte auch noch einmal, und irgendjemand erzählt noch: 2:1 in Dortmund, aber das war alles Tinnef. Nach dem Schlußpfiff wollte die grünweiße Jungfrau nichtmal mehr den Domtreppenfeger küssen, so weit war'n wir schon, half auch alles Reden nicht, egal, nur schnell ab nach Hause. mad