Shell versenkt die Brent Spar doch

Greenpeace-Aktivisten richten sich erneut an Bord der Plattform ein / Holländisches Off-shore-Unternehmen bestätigt: Verschrottung an Land die beste Variante  ■ Von Hans-Jürgen Marter

Shetlandinseln (taz) – Auch drei Tage nach der spektakulären Wiederbesetzung der Brent Spar durch Greenpeace-Aktivisten hält die britische Tochter des multinationalen Ölkonzerns Shell an der Verklappung der mit Giftmüll belasteten Plattform fest. Agenturmeldungen, wonach Shell U.K. infolge der massiven internationalen Proteste eingelenkt habe und die Verklappung zunächst auf Eis lege, wurden am Wochenende von der Pressestelle des Unternehmens dementiert.

„Wir sind entsetzt über die Art, wie sich die Umweltschützer verhalten“, sagte eine Pressesprecherin von Shell in Aberdeen. Die Nordsee sei ein nicht zu unterschätzendes Meer und kein Swimmingpool. „Wir haben bereits zwei Leute aus dem Wasser retten müssen“, fügte die Pressesprecherin hinzu. Damit spielt sie auf einen Vorfall vom vergangenen Freitag an, als zwei Umweltaktivisten mit Hochdruckwasserkanonen von ihren Schlauchbooten gesprüht und anschließend gegen ihren Willen an Bord des Shell-Begleitschiffes „Rembas“ gezogen wurden.

„Wir besitzen die Genehmigung der Regierung, die Brent Spar zu versenken“, sagte die Pressesprecherin, „und wir werden davon Gebrauch machen, weil wir überzeugt sind, daß diese Option aus Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltgründen die beste Lösung ist.“

Unterdessen zeitigt eine Anzeige von Greenpeace (siehe taz vom 13. Juni) erste Erfolge. Die Umweltschutzorganisation hatte Service-Unternehmen der Ölindustrie um die Einreichung von Kostenvoranschlägen für die Verschrottung an Land gebeten. „Insgesamt neun Angebote liegen uns derzeit vor“, freut sich Ulrich Jürgens im Lerwicker Aktionsbüro.

Senkrecht an Land ziehen wäre kein Problem

Öffentlich meldete sich das holländisch-amerikanische Firmenkonsortium Heerema-MacDermott (Herremac). Das Unternehmen war im Mai 1994 von Shell U.K. gebeten worden, einen Kostenvoranschlag für die Verklappung der Brent Spar einzureichen. Unabhängig davon stellte Heeremac auch eine Kostenrechnung für die kontrollierte Entsorgung der Brent Spar an Land zusammen. Das Unternehmen führt in einer Presseerklärung aus: „In unserem Vorschlag würde die Brent Spar senkrecht an Land gezogen und dort abgerissen werden. Der radioaktive Abfall könnte dann auf verantwortliche Weise abtransportiert und gelagert werden.“ Aus der Sicht von Heeremac existieren weder „Umweltbedenken noch Sicherheits- und Kostengründe, warum ausgediente Plattformen nicht an Land entsorgt werden könnten“. Das Unternehmen kündigt für die nächsten Tage weitere Veröffentlichungen an.

Unterdessen sind die beiden Greenpeace-Besetzer an Bord der Brent Spar seit dem vergangenen Freitag dreimal mit Proviant und Ausrüstungsgegenständen versorgt worden. „Sobald ein Hubschrauber am Himmel auftaucht“, sagt Greenpeace-Sprecher Ulrich Jürgens, „nehmen die Shell-Begleitschiffe die Brent Spar unter Vollbeschuß. Die Wasserkanonen reichen etwa 40 Meter über die Plattform hinaus. Wir müssen das Versorgungsmaterial aus einer Höhe von 50 Metern über der Plattform abwerfen. Bislang ist uns das gelungen, und die Leute auf der Plattform haben bekommen, was sie brauchten.“

Shell U.K. hat am Wochenende angekündigt, daß das Unternehmen eine für den kommenden Mittwoch geplante Feier zum 25jährigen Bestehen ihrer Werbekampagne abgesagt habe. Die Kampagne steht unter dem Motto: „Für ein besseres Großbritannien.“