Wille zur Einheit bei SPD und CDU

■ Kompromisse der Koalition werden am Wochenende gemacht

Der designierte Bürgermeister Henning Scherf ist sichtlich bemüht, den Eindruck zu korrigieren, die große Koalition wäre für ihn etwas anderes als eine Herzenssache. In einem Punkt sah er sogar „Vorteile“ durch das Bündnis mit der CDU, meinte er gestern auf einer Pressekonferenz. Mit der FDP (Welke) 1991 seien die Verhandlungen „schwieriger“ gewesen.

Mit einer Serie von Festlegungen in kleineren Fragen wollten die Unterhändler das Tempo ihrer Arbeit demonstrieren, das nach wie vor von der SPD und dem dahinter stehenden Regierungsapparat diktiert wird: Der Wirtschaftskammer wird ab 1996 ihr 1 Mio-Zuschuß gestrichen. Die Zahl der Parlaments-Deputationen wird von 18 auf 12 reduziert. Fraktionszuschüsse sollen „erheblich“ reduziert werden, sagte Scherf. Auf Nachfrage, was „erheblich“ sei, meinte er: „10 Prozent wäre ein wunderbares Ergebnis.“

Das sog. „Haller-Imperium“ der staatlichen Wirtschaftsfirmen, die jährlich Zuschüsse von 70 Millionen bekommen, soll durch einen Wirtschaftsprüfer durchleuchtet werden, das Tivoli-Hochhaus soll verkauft, der Großmarkt vom Flughafen wegverlegt werden.

Große Korrekturen hat die CDU bisher nicht durchsetzen können: Der Stadtwerke-Verkauf wird wohl wie von der SPD vorbereitet über die Bühne gehen, die Bürgerschaft wird nicht verkleinert (es soll bei 100 Abgeordneten bleiben). Die CDU will den Gesamtpersonalrat abschaffen und die Bremische teilprivatisieren, dem hat aber Scherf nicht zugestimmt. Die Arbeitnehmerkammern sollen bleiben, fordert die SPD, werden aber zusammengelegt. In der Schulpolitik, in dem Bernd Neumann sein Verhandlungspartner sei, sehe er noch großes Konfliktpersonal, verriet Scherf. Der CDU soll nur ein „Wirtschaftsgymnasium“ und ein Schulversuch „Abi nach 12 Jahren“ angeboten werden, kein zusätzliches Gymnasium.

Am Wochenende sollen die offen gebliebenen Konfliktfragen zu Paketen verschnürt und mit Kompromissen entschieden werden. Am Sonntag wird der neue Senat vorgestellt, versprach Scherf.

Im zukünftigen Senat wird, soweit gestern zu erfahren war, neben Scherf (Bürgermeister, Justiz) und Uwe Beckmeyer (Wirtschaft und Häfen) auch die Landesvorsitzende Tine Wischer (Umwelt, Arbeit, Frauen) sitzen. Wenn Scherf für sein bisheriges Ressort seine Deputations-Stütze Bringfriede Kahrs gegen Neumanns Favoritin Motschmann durchsetzen kann (Bildung, Wissenschaft, Kultur), bleibt für die CDU neben Finanzen (Nölle), Bau/Verkehr/Stadtentwicklung (Peter Kudella) und Inneres (Ralf Borttscheller) das Gesundheits- und Sozialressort (Roswita Erlenwein). K.W.