■ Zur Europol-Ministertagung in Luxemburg
: Abwesend: Demokratische Kontrolle

Die Europol-Konvention – Eckpunkt der innenpolitischen Verhandlungen der 15 EU-Staaten – war unter deutscher Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 1994 gescheitert – trotz hektischer Verhandelei und ständig neuer Entwürfe. Unter der französischen EU- Präsidentschaft sollte der Vertrag unter Dach und Fach gebracht werden. Das französische Halbjahr ist nun fast abgelaufen, und auch bei der jetzigen Ministertagung in Luxemburg dürften die Differenzen nicht ausgeräumt werden. Sofern die Staats- und Regierungschefs beim Euro-Gipfel in Cannes nächste Woche nicht doch noch einen Kraftakt unternehmen, wird das Paket wieder in eine neue Runde gehen.

Strittig ist nach wie vor die Einbeziehung des Europäischen Gerichtshofs in die Kontrolle des Eurpopäischen Polizeiamtes. Der EuGH gehört zur ersten Säule der EU, der Wirtschaftsgemeinschaft. Die dritte Säule, Innen- und Justizpolitik, ist aber im Maastrichter EU-Vertrag nur als Regierungskooperation konzipiert – ohne Mehrheitsentscheidung, ohne Einbeziehung des Europäischen Parlaments und anderer EG-Organe. Hier gilt nach wie vor die Souveränität der Mitgliedstaaten. Und das soll – so wollen es vor allem die britischen Verhandler – nicht verwischt werden. Zu entscheiden hätte der EuGH ohnehin nicht viel. Nach deutschem Vorschlag wäre er dann auf den Plan getreten, wenn die Mitgliedstaaten untereinander oder mit der Leitung von Europol sich über die Auslegung des Vertrages streiten. Der Inhalt der gespeicherten Daten, deren Weitergabe, der Abschluß von Verträgen zwischen Europol und Nicht-EU-Staaten oder internationalen Polizeiorganisationen wie Interpol – all das ginge ihn nichts an.

Das Amt wird nämlich eine eigene Rechtspersönlichkeit erhalten. Es wird eigene Dateien führen. Es wird sensible und nicht bestätigte Daten ohne konkreten Tatverdacht speichern, verändern und weitergeben können. Sein Tätigkeitsfeld ist kaum eingegrenzt. Es wird auch die Terrorismusbekämpfung und damit den Staatsschutz umfassen. Daß dabei auch die Geheimdienste mit ins Spiel kommen, ist nur konsequent. Die erste Stufe des Amtes arbeitet bereits – ohne Vertrag. In Den Haag sitzen Verbindungsbeamte aller EU-Polizeien, die direkten Zugang zu den Datensystemen ihrer Länder haben. Daß der Vertrag bis Ende Juni nicht über die Bühne geht, läßt also nur wenig Freude aufkommen, denn das ändert weder etwas an der Tatsache Europol noch an ihrem undemokratischen Charakter Heiner Busch

Polizeirechtsexperte, lebt in Bern