Verborgene Chemie auf der Brent Spar

Greenpeace behauptet: Zusätzliche Chemikalien an Bord / Zwei weitere Aktivisten auf der Brent Spar abgesetzt / Schotten verhaften deutsche Hubschrauberpiloten  ■ Von Hans-Jürgen Marter

Shetlandinseln (taz) – 4.500 Liter der Chemikalie Glyoxal seien im Genehmigungsverfahren für die Verklappung der Brent Spar verschwiegen worden, so Greenpeace. Das Zeugs befindet sich laut Greenpeace noch an Bord der umstrittenen Ölplattform. Damit sei die Genehmigung für das Versenken der Plattform auch nach britischem Recht ungültig.

In einem internen Schreiben eines Labors des britischen Ministeriums für Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung wird das Glyoxal erwähnt. Die Verbindung könne nur an Land entsorgt werden, heißt es dort. Dem Schreiben, das der taz vorliegt, ist zu entnehmen, daß die Versenkung der Brent Spar die Umwelt erheblich verschmutzen würde. Aus diesem Grunde, so die Auskunft der Pressestelle des Landwirtschaftsministeriums, habe die Regierung die Verklappung der Brent Spar im verhältnismäßig flachen Wasser der Nordsee abgelehnt und die Entsorgung im über 2.000 Meter tiefen Atlantik genehmigt [warum nicht gleich in den „Marianengraben“, ist noch tiefer, d. s-in].

Greenpeace-Sprecher Jochen Vorfelder erklärt: „Shell hat auf der Brent Spar offenbar mehr giftige Abfälle, als bisher bekannt ist. Vielleicht wollen sie deshalb die Plattform so schnell wie möglich versenken.“ Es gebe nur einen Weg: Die Plattform muß an Land zurückgebracht und dort entsorgt werden. „Shell soll alle Fakten auf den Tisch legen“, so Vorfelder.

Auf Anfrage der taz sagte der Pressesprecher von Shell U.K. in Aberdeen, Graham MacEwen, daß sich Glyoxal nicht mehr an Bord befinde. Diese Chemikalie wurde an Bord der Brent Spar benutzt, um die 100 Tonnen Ölschlamm zu behandeln, die sich weiterhin in den Tanks der Plattform befinden. Da diese festen Reste erheblich mit dem giftigen Schwefelwasserstoff H2S verseucht waren, sei es vonnöten gewesen, sie mit Glyoxal aufzubrechen. Der Stoff ist eine leicht flüchtige Flüssigkeit, im Wasser verdickt sie sich zu einem Gelee.

Unterdessen hat die Greenpeace-Pilotin Paula Huckleberry zwei weitere Aktivisten an Bord der Brent Spar abgesetzt. Am Dienstagmorgen gegen 6 Uhr sprangen ein Däne und ein Ire auf die Plattform ab. Damit befinden sich jetzt vier Besetzer an Bord. Der Brent-Spar-Schleppzug wird voraussichtlich heute sein Zielgebiet im Atlantik erreichen.

Bei der Zwischenlandung auf dem schottischen Flughafen Prestwick hat die Polizei zwei deutsche Hubschrauberpiloten festgenommen. Sie hatten nach Angaben der Luftfahrtbehörde die Kennummer ihres Helikopters verdeckt, als sie die ersten beiden Greenpeacer auf der Brent Spar abgesetzt hatten. Die Piloten waren auf dem Rückweg nach Deutschland.