Über den Tellerrand hinaussehen

■ betr.: „Wacklige Rente?“, taz vom 19. 6. 95

Die Bemühungen von 67 Parlamentariern um die Erhöhung ihrer Versorgungsbezüge mit Hilfe der zeitlichen Aufrundung ihrer Abgeordnetentätigkeiten ist als Zumutung für das Gerechtigkeitsempfinden der sogenannten einfachen Bürger zu werten.

Haben diese Abgeordneten eigentlich mal über ihren eigenen Tellerrand hinausgesehen und konnten dabei feststellen, daß es für die eindeutige Mehrheit der Bevölkerung vergleichbare Möglichkeiten nicht gegeben hat? Auch im Jahre 5 nach der Vereinigung gibt es immer noch keine gleichen Löhne und Gehälter für vergleichbare Tätigkeiten. Es gibt sie weder im öffentlichen Dienst noch in anderen Bereichen des Arbeitsmarktes.

Es ist ein Zeichen verkommener politischer Kultur und der Instinktlosigkeit, in eigener Sache derartiges Engagement an den Tag zu legen, zumal die Abgeordneten aufgrund der Höhe ihrer Bezüge mit Sicherheit nicht beim Sozialamt landen, während dies für einen immer größeren Teil auch der ehemaligen Bewohner Ostberlins schon Realität ist.

Mechthild Brockschnieder,

Grüne/AL Kreuzberg