Prüfe, wer sich ewig bindet

■ Gaertner: „Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensweisen ist Gebot der Liberalität“

Der niedersächsische Sozialminister Walter Hiller hat eine Kabinettsvorlage ausgearbeitet, nach der gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften rechtlich legitimiert werden sollen. Dies betrifft insbesondere das Steuer- und Erbrecht, aber auch die Geschäftsfähigkeit im täglichen Leben. Am Dienstag wird das niedersächsische Kabinett dem Vorschlag zustimmen, dann geht der Vorschlag in den Bundesrat. Die taz sprach mit der noch amtierenden Sozialsenatorin Irmgard Gaertner.

taz: Der Vorstoß ihres niedersächsischen Kollegen hat bundesweit ziemlich viel Wind aufgewirbelt.

Irmgard Gaertner: Ich würde das prinzipiell auch begrüßen und unterstützen. Ich weiß, daß homosexuelle Paare, die eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft führen, sehr große Schwierigkeiten haben, wenn es um Erbschaft oder um Versorgung im Alter geht – um Dispositionen, die zwischen Eheleuten normal und selbstverständlich stattfinden.

Welche Versuche hat es in der Vergangenheit in Bremen gegeben, die Situation für Homesexuelle zu verbessern?

Ich weiß nicht, ob es überhaupt Versuche gegeben hat. Während meiner Zeit nicht.

Warum nicht?

Weil in diesen kurzen dreieinhalb Jahren, in denen ich hier Senatorin für Gesundheit, Jugend und Soziales war, soviel passiert ist, daß ich mich dieses Themas nicht angenommen habe. Außerdem ist dies meine persönliche Einstellung und Meinung, ich kann Ihnen nicht sagen wie solche Initiativen nun im bremischen politischen Raum aufgenommen werden würden – das ist ja das Problem, wenn SenatorInnen eine gute Idee haben, ob sie auch die notwendige Unterstützung bekommen.

Ist so ein Vorschlag überhaupt mal von den Schwulen- und Lesbenverbänden oder vom Rat-und-Tat-Zentrum an sie herangetragen worden?

Bei mir ist nichts dergleichen gelandet. Ich habe gute Kontakte zum Rat und Tat Zentrum, aber dieses Thema einer quasi Legitimierung von homosexuellen Lebensgemeinschaften, die letzenendes eine Bundesentscheidung sein muß und nicht hier in Bremen geregelt werden kann, ist an mich nicht rangetragen worden. Ich kenne das Thema seit Jahren und ich bin ziemlich sicher, daß eine solche Bundesratsinitiative von der Mehrheit der Länder unterstützt würde.

Der Bundesverband der Homosexuellen wirft nun gerade Bremen vor, daß die Schwulen- und Lesbenverbände hier nicht unterstützt werden.

Ich halte das für falsch. Das Rat und Tat Zentrum wird finanziell unterstützt und die Selbsthilfegruppen auch: Alle sind in unserer Selbsthilfeförderung mit drin.

Werden die Belange Homosexueller in den Sozialvereinbarungen der Koalitionsgespräche eine Rolle spielen?

Dazu kann ich nichts sagen. Ich möchte noch eins zur Unterstützung sagen: Dieses Problem, daß homosexuelle Lebensgemeinschaften schlechter gestellt sind, ist ja kein Thema, das sich in erster Linie am Geld aufhängt, sondern es ist Thema der Bereitschaft einer liberalen Gesellschaft solche Lebensgemeinschaften in ihrem Rechtsystem zu akzeptieren. Und sie quasi, das würde auch dem Grundgesetz nicht entgegen stehen, mit den üblichen Lebensgemeinschaften zwischen Männern und Frauen gleichzustellen. Dies ist kein Problem der Förderung aus öffentlichen Töpfen, sonder dies ist eine Frage der Liberalität von Rechtssystemen.

Umso mehr verwundert es, daß das liberale Bremen da noch nichts getan hat.

Dies ist kein Thema eines einzelnen Bundeslandes, sondern das ist ein Thema der bundesgesetzlichen Regelungen. Ich habe aber überhaupt keine Bedenken, daß wenn die Unterstützung einer solchen Bundesratsinitiative an Bremen herangetragen wird, diese Unterstützung auch stattfände.

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