Grölende Hools unerwünscht

■ Bei der in der nächsten Woche beginnenden schwul-lesbischen Fußballweltmeisterschaft hat das Berliner Frauenteam Chancen auf den Titel

Als „schrillstes“ Ereignis im Sommerloch ist sie angekündigt, die erste lesbisch-schwule Fußballweltmeisterschaft in Berlin. Rund zwanzig Männer- und fünfzehn Frauencamps aus Europa, den USA und Kanada wollen vom 3. bis 7. Juli im feinen Eichkamp in Charlottenburg um die Wette kicken. Auf dem Sportplatz Kühler Weg soll es ohne biersaufende, grölende Hooligans zur runden Sache gehen – gespielt wird für Fans, die mehr im Kopf haben als nur gewinnen oder verlieren.

Denn neben Fun und sportlichem Ehrgeiz ist laut Organisatorin Sonja Beckmann das wichtigste Ziel der fünftägigen Veranstaltung, die von den schwul-lesbischen Sportvereinen „Vorspiel“ und „Seitenwechsel“ mitveranstaltet wird, eine breite Öffentlichkeit und Anerkennung für schwul-lesbischen Sport zu schaffen. Deshalb wurde bereits 1992 mit Hilfe US- amerikanischer Teams, die schon seit Jahren schwul-lesbische Fußballspiele veranstalten, die „International Gay & Lesbian Football Association“ (IGLFA) gegründet, eine Art FIFA.

Daß Schwule keinen guten – oder überhaupt – Fußball spielen können, sei aber immer noch ein großes Vorurteil bei vielen Fußballfans und -funktionären. Schwulen, so Sonja Beckmann, würden eher „softe“ Sportarten wie Eiskunstlauf oder Volleyball zugeschrieben. Kickende Lesben entsprächen dem Klischee schon eher – und der Wirklichkeit. „Fußball ist die Lesbensportart schlechthin“, weiß Sonja Beckmann. So werden den Berliner Kickerinnen auch gute Chancen eingeräumt, die ersten lesbischen Fußballweltmeisterinnen zu werden. Die Frauen aus Berlin gewannen bereits im vergangenen Jahr bei den Gay Games in New York die Goldmedaille.

Die offizielle Berliner Sportlandschaft scheint sich trotz eines möglichen Heimsieges bisher nur wenig für den „Gay & Lesbian Soccer Worldcup 1995“ zu interessieren. Anders als bei den schwul- lesbischen EuroGames in Frankfurt/Main zu Ostern, wo die Veranstaltungszentrale im Frankfurter Rathaus residieren konnte und von großen Firmen wie Lufthansa, Adidas, Sony und Coca-Cola gesponsert wurde, gibt es hier nur wenig Unterstützung.

Die Schulsenatsverwaltung, seit dem Olympia-Flop eigentlich über jedes sportliche Ereignis begeistert, hält sich diesmal zurück. Ein Zuschuß von 6.000 Mark (!) werde derzeit „noch geprüft“, so die Pressestelle. Da ist die Sozialsenatorin und SPD-Spitzenkandidatin Ingrid Stahmer schon etwas progressiver: Sie ist Schirmherrin der Fußballweltmeisterschaft, doch ihre Behörde steuerte ebenfalls nur magere 3.000 Mark bei.

Der Berliner Fußballverband hat dagegen nur ein „Grußwort“ im Programm für die Schwulen und Lesben übrig. Weiterhin stellen sie einige Schiedsrichter und vergünstigte Fußbälle, doch sonst mußte sich das Vorbereitungsteam selbst um die Organisation der Weltmeisterschaft kümmern.

Die Zurückhaltung des Verbands überrascht nicht. Der DFB zeigte sich beispielsweise vor den EuroGames homosexuellenfeindlich: Er gab eine interne Direktive an seine Nationalspielerinnen heraus. Unmißverständlich wurde ihnen mitgeteilt, daß sie nicht mit einer Berufung in die DFB-Auswahl rechnen könnten, wenn sie bei den EuroGames mitkickten.

Trotz der mangelnden finanziellen Unterstützung erwarten die VeranstalterInnen jede Menge Fußballbegeisterte in Charlottenburg und hoffen auf einen „Einbruch in die Fußballarena“, die immer noch als „männlich-heterosexuelle Normalität gilt“. Julia Naumann

Am 3. Juli gibt es um 20 Uhr eine Eröffnungsveranstaltung im Konzertsaal der HdK, Hardenberg-/ Ecke Fasanenstraße. Die Spiele finden am 4., 5., 6. Juli jeweils von 10 bis 17 Uhr in der Sportanlage Kühler Weg im Maikäferpfad statt. Das Abschlußspiel ist am 6. Juli zwischen 11 und 17 Uhr mit anschließender Fete im SO 36.