Es wäre bitter, wenn wir nicht dabei wären“

■ DBB-Präsident Roland Geggus sieht eine Zukunft des deutschen Basketballs auch von mangelndem EM-Erfolg und etwaig verpaßter Olympia-Qualifikation nicht gefährdet

Während die deutschen Basketballer bei der EM in Athen versuchen, sich doch noch durch Erreichen des Halbfinales für Olympia zu qualifizieren (und nach dem gestrigen 81:71 gegen Schweden wieder vage Chancen haben), sitzt Roland Geggus (46) zu Hause und bangt. Der Karlsruher Sonderschullehrer ist Präsident des Deutschen Basketball-Bundes (DBB) und weiß, daß Atlanta bei der Plazierungsoptimierung des angeblich boomenden Produktes Basketball auf einem umkämpften Markt eine große Rolle spielt.

taz: Haben sie nach dem Sieg über Schweden wieder Hoffnung?

Geggus: Wir haben noch Chancen, aber gegen die Griechen zu gewinnen wird sehr schwer. Andererseits hat man gegen Italien gesehen, wie schnell es im Basketball gehen kann. Wenn wir Glück haben, erreichen wir sogar noch Gruppenplatz drei.

Sie bleiben dabei, daß die EM einen Aufschwung bringt?

Ja, die EM wird zeigen, daß das europäische Basketball den Vergleich mit der NBA nicht zu scheuen braucht. Sie hat auch eine positive Auswirkung auf die Gesamtbewegung. Jeden zweiten Tag wird im Moment in Deutschland ein neuer Verein oder eine neue Abteilung gegründet, was vor allem auf die Streetball-Welle zurückzuführen ist.

Atlanta ist wichtig für die weitere Etablierung des Produktes?

Ja, Olympia ist deshalb von großer Bedeutung, weil sich unsere Konkurrenzsportart Handball schon qualifiziert hat. Es wäre für uns sehr bitter, wenn wir nicht dabei wären. Aber es würde uns nicht mehr so hart treffen wie noch vor einigen Jahren. Die Zukunft kann nicht von vier verworfenen Freiwürfen gegen Italien abhängen. Die Rahmenbedingungen sind andere, der Aufschwung würde auch so weitergehen, weil die Breitensportbewegung so intensiv ist, daß wir nun ein zweites, ganz starkes Bein haben.

Dieser Breitensport floriert, ohne daß medial Helden eingeführt werden?

Mit Sicherheit, weil diese Bewegung aus anderen Quellen genährt wird. Streetball wird vor allem von kommerziellen Veranstaltern gespeist, aber auch aus unzähligen Kleinveranstaltern und Schulen. Das macht die Sache autarker.

Der Vorzeigebasketballer Henning Harnisch absolviert dieser Tage in Frankfurt ein Buchhändler-Praktikum. Das hört sich wie ein Anachronismus an.

Ja, wir haben ihn natürlich nicht beglückwünscht zu dieser Entscheidung, haben auch versucht, daß er das Ganze zwei Jahre verschiebt, aber das war seine Entscheidung. Wir sind eine Schwellensportart im Moment. Bei uns wird sich einiges in den nächsten zwei, drei Jahren entscheiden: Ob wir uns in der europäischen Spitze etablieren oder wieder zurückfallen ins Mittelmaß. Wir sind auch an der Schwelle zu einer medienmäßig interessanten Sportart: Auch da sind wir unsicher, in welche Richtung es geht. Deshalb kam seine Entscheidung zu einem sehr, sehr problematischen Zeitpunkt.

Harnisch hat Wiedererkennungswert, allein sein Poster hängt in Teenie-Zimmern?

Ja, er ist einer der wenigen Typen, die wir haben. Aber ich denke, man darf die anderen nicht vergessen, die Möglichkeiten eines Henrik Rödl etwa, der sich zu einem Weltklassespieler hin bewegt hat.

Ist das Fernsehen nicht da, gibt es auch keinen Boom. Beim Basketball (etwa 22 Millionen für fünf Jahre bis 1998) zahlt es, überträgt aber sparsam.

Mit den Sendeminuten können wir leben, die Quoten sind unser Hauptproblem. Die mittlere sportliche Zukunft sieht aber besser aus, als wir vor einem Jahr prognostiziert haben. Ich denke, daß unsere beste Zeit so in den Jahren 1998 bis 2000 kommen wird, weil dann ein Generationswechsel stattgefunden hat. Im Moment sieht es so aus, als würde unsere Basis an Spitzenspielern in fünf Jahren viel breiter sein. Wir werden nicht mehr so abhängig sein von Einzelspielern wie jetzt.

Auch Detlef Schrempf hatte abgesagt: Deutet das an, daß er keine Zukunft als vermarktbare Persönlichkeit in Deutschland anstrebt, oder zumindest keine mit nationalem Gütesiegel?

Ich hatte Schrempf zuletzt in einem langen Brief alles aufgelistet: Daß er zu den Jahrhundert-Vorbildern zählen würde, wenn er die dritten Olympischen Spiele erreicht, daß er in einem Atemzug genannt würde mit Spitzenstars größerer Sportarten, auch die Frage des Werbepartners Schrempf, seine Wirkung auf den deutschen Markt, haben wir ihm geschildert – er hat sich anders entschieden.

Fahren Sie noch nach Athen?

Am Donnerstag fliege ich runter. Wenn die deutsche Mannschaft dann noch dabei ist. Das Gespräch führte

Peter Unfried