Tempo, Tempo!?

■ Nach langem Gezerre wollen die Ministerpräsidenten Antikonzentrations-Regeln noch dieses Jahr verabschieden

Am Kamin kommt man sich eben doch näher. Als sich Donnerstag abend die Ministerpräsidenten der Länder zum „Kamingespräch“ über den künftigen Rundfunkstaatsvertrag zusammensetzten, da waren die Erwartungen mehr als gedämpft. Hatte doch ihr Koordinator für Medienfragen, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) noch eine Woche zuvor verlauten lassen, wahrscheinlich würden sich SPD- und Unionsländer erst Mitte nächsten Jahres einigen.

Doch das gefiel dann einigen Kollegen gar nicht. Kurz bevor der Kamin angezündet wurde, sagte NRW-Staatsminister Wolfgang Clement der taz, sein Land werde aufs Tempo drücken. Falls das nicht gelinge, müßten die SPD- Länder Regeln für die Transparenz der Privatsender eben in Landesgesetzen festlegen.

Dazu wird es jetzt nicht mehr kommen – wenn alles nach Plan verläuft. Wie Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) gestern der taz mitteilte, wurde man sich am Kamin einig, die Fragen der Konzentrationskontrolle von dem anderen großen Komplex, der Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen, abzutrennen und vorzuziehen. Auf einer Klausurtagung im Herbst will man hier eine gemeinsame Linie finden. Mehrere Ministerpräsidenten, so Simonis, hätten sich dafür ausgesprochen, das „Gezerre und Rumgehökere“ um den Staatsvertrag schnell zu beenden, die Leute würden sich ja schon darüber „totlachen“.

Stark unterstützt habe die Entscheidung, die Konzentrationskontrolle zuerst zu behandeln, vor allem Kurt Biedenkopf. Lediglich Bayerns Edmund Stoiber habe sich zunächst dagegen ausgesprochen.

Für die Klausurtagung soll Kurt Beck als Koordinator der Rundfunkkommission der Länder einen Vorschlag ausarbeiten. Unklar bleibt weiter, welches Modell der Konzentrationskontrolle diesem zugrunde liegen wird. Nach Auffassung von Simonis soll nicht der „Marktanteil“ die entscheidende Rolle spielen, sondern der „Zugang“ für möglichst viele auf den Märkten für Frequenzen wie Programminhalte gesichert werden.

Noch in einem zweiten Punkt haben sich die MPs grundsätzlich geeinigt: die Verteilung der Rundfunkgebühren soll verändert werden. Deutschlandradio und arte sollen direkt ihren Bedarf melden. Vor allem wird der bisherige Schlüssel zwischen ARD und ZDF (70:30) „zugunsten des tatsächlichen Bedarfs“ geändert werden, wie gestern Kurt Beck (SPD) mitteilte.

Das ZDF ist durch den Rückgang der Werbeeinnahmen wesentlich stärker betroffen als die ARD. Die Forderung beider Anstalten, künftig auch nach 20 Uhr Werbung ausstrahlen zu dürfen, hat offenbar bei den Politikern keine Chance.

Über die künftige Höhe der Rundfunkgebühren geben die Ministerpräsidenten derzeit höchstens private Meinungen von sich. Hier wartet man auf die unabhängige Finanzkommission (KEF), die gerade die Bedarfsanmeldungen von ARD und ZDF prüft. In eine mögliche Zusammenlegung von Sendern oder die Einsparung von Programmen will sich die Mehrheit der Ministerpräsidenten – anders als Stoiber – ebenfalls nicht einmischen. Michael Rediske