Der sanfte Charme der Legalität

Hausgenossen ahoi! Den HafensträßlerInnen winken Verträge. Nach vielen Jahren bietet in Hamburg die legale Politprominenz den BesetzerInnen korrekten Unterschlupf  ■ Von Marco Carini und Heike Haarhoff

Der Deal ist so gut wie perfekt: Die berühmten bunten Häuser in der Hamburger Hafenstraße sollen im kommenden Herbst in den Besitz einer Genossenschaft übergehen und anschließend mit Geldern aus dem Sondertopf „Alternative Baubetreuung“ (ABB) saniert werden.

Eine ultimative Lösung für das seit 13 Jahren umstrittene Wohnprojekt, die Hamburgs Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow (SPD) am späten Donnerstag verkündete. Die Form der Genossenschaft sei bewußt gewählt worden, „um jeden Verdacht der Immobilien-Spekulation zu vermeiden“, erklärte Mirow. Vorbei ist's damit mit Hamburgs berühmtesten „rechtsfreien Raum“. Am Mittwoch hatte Mirow in einem letzten Gespräch mit den zukünftigen Genossenschaftlern die letzten Details besprochen.

Danach wird die neue Genossenschaft von etwa 30 sogenannten renommierten Persönlichkeiten getragen. Zu diesem erlauchten Kreis zählen Rechtsanwalt Hans- Jochen Waitz, der Chef des Verbandes der Norddeutschen Wohnungsunternehmen, Uwe Blöcker, die Präsidentin der Hochschule für bildende Künste, Adrienne Goehler und Wolfgang Gessenharter, Professor an der Hamburger Bundeswehr-Uni. Aber auch zehn einfache Mitglieder der Genossenschaft St. Pauli Hafenstraße werden mit von der Partie sein.

Noch müssen die Hafenstraßen- BewohnerInnen, der Hamburger Senat und die Hamburger Bürgerschaft der Genossenschaftslösung zustimmen, bevor der Verkauf im Herbst endgültig über die Bühne gehen kann. Während die HafensträßlerInnen bereits gestern nach Redaktionsschluß dem Modell grünes Licht gegeben haben dürften, wird die Senatorenrunde nach der Sommerpause die Mirowsche Lösung absegnen. Bis dahin will der Senator den Vertrag „durchformuliert“ haben.

Auch in der Bürgerschaft dürfte es im Spätsommer eine klare Mehrheit für die Genossenschaftspläne geben, da selbst die CDU längst von ihrer Räumungslinie abgewichen ist. Hamburgs CDU- Chef Ole von Beust deutete an, seine Partei werde der Genossenschaftslösung nicht im Weg stehen, wenn „bei der Vergabe öffentlicher Gelder niemand privilegiert“ werde und der Verkaufspreis „marktüblich“ sei. Der aber steht noch nicht endgültig fest: „Im Gespräch sind 2,4 Millionen für die Häuser. Zusammen mit den Grundstücken könnten es vier Millionen sein“, spekuliert Wolfgang Dirksen, Geschäftsführer der städtischen „Hafenrand GmbH“, die die Häuserzeile derzeit verwaltet. Der exakte Preis hänge auch von den Sanierungskosten ab, die ein Sachverständigenduo der Hamburger Fachhochschule bis Ende Juli ermitteln will.

Die Genossenschaft soll den Kaufpreis in drei Teilbeträgen zahlen. „Denkbar wäre dies zu Beginn, während und nach Abschluß der Sanierung“, sagte Mirow. Als Sanierungsträgerin sind die alternativen Baubetreuer „Stattbau“ und „Lawaetz-Stiftung“ im Gespräch. Die BewohnerInnen sollen sich an den Bauarbeiten „maßgeblich beteiligen“. Vermietet werden sollen die Wohnungen an einen noch zu gründenden BewohnerInnenverein. Bestehende Mietverhältnisse werden übernommen. Da „der Konflikt um die Hafenstraße Hamburg über ein Jahrzehnt politisch schwer belastet“ habe, „spricht alle Vernunft dafür, diese Last von der Stadt zu nehmen“, warb Thomas Mirow am Donnerstag noch einmal für sein Modell.

Lob erntete Mirow sogleich von Hamburgs Grün-Alternativen und dem SPD-Landesvorsitzenden Jörg Kuhbier: „Wie es scheint, wird die mutige Entscheidung der Bürgerschaft belohnt, die Privatisierung der Häuser einer Räumung vorzuziehen.“ „Begrüßenswert“ findet auch Wolfgang Dirksen das Modell: „Die Genossenschaft hat Charme, weil sie keine kapitalistische Lösung ist.“