Sanssouci
: Nachschlag

■ Erstes Kinderstück von Alexej Schipenko: „Der rothaarige König“ im carrousel Theater

Seine Pestilenz, der Magier Grollin, ist schwer zu fassen. Wird er in die Enge getrieben, löst er sich einfach in Wasser auf. Verdampfen lassen nützt nichts, weiß der kluge Rabe Theobald – der Hexenmeister würde einfach herunterregnen und sich in irgendeinem Badezuber von neuem materialisieren. Die Guten grübeln. Bis sie eine Lösung finden, mit der Grollin eigentlich zufrieden sein müßte: Sie vermischen seine Essenz mit Sekt. Jetzt kann der rothaarige König endlich die schöne Prinzessin heiraten.

In seinem ersten Kinderstück, einer Auftragsarbeit für das carrousel Theater, hat Alexej Schipenko Motive aus alten russischen Märchen zu einem spannenden Fantasy-Drama verarbeitet. Die kindlichen Uraufführungsgäste verfolgten mit weit aufgerissenen Augen die Intrigen Grollins, einer Wasserratte und einer grünhaarigen Hexe, die am Ende doch auf den rechten Weg zurückfindet.

Der rothaarige Held (Sebastian Kautz) kommt zunächst als prahlerischer Halbstarker daher: „Ich bin schön, ich bin stark, alles gehorcht mir, sogar die Zeit!“ Aber gib acht, über Nacht wird ihm graues Haar angehext, und er weiß nicht mehr so recht, wer er ist. „Achtung, Identitätsproblematik!“ denken sich da die erwachsenen Zuschauer. Aber das geht zum Glück rasch wieder unter in der prallen, satten Illusion, die Hella Müller kongenial mit viel Donner, Blitz und Nebelschwaden inszeniert hat. Wie in jeder zünftigen Fantasy sind die Schurken nur Repräsentanten einer bösen Supermacht, hier der „Kräfte des Nichts“. Die Guten sind schön, die Bösen sind häßlich und werden am Ende vernichtet: Mit der Spitze seines Zauberschirms macht der Rabe (Steffen Pietsch) die glitschige, keckernde Ratte (Grit Riemer) unbarmherzig kalt. Pädagogisch korrekt ist das wohl nicht, aber die Story trägt. Eine Moral gibt es auch: „Na, Alter? Hochmut und Angeberei sind weg!“ krächzt der Rabe.

Alexej Schipenko, dessen tapfer absurde Stücke „La Fünf in der Luft“ oder „Aus dem Leben des Komikaze“ schon in der Volksbühne zu sehen waren, kann durchaus für Kinder schreiben. Er läßt seine Figuren modern sprechen, ohne sich an irgendwelche Jargons anzubiedern. Iris Damer hat den passenden Märchenraum für sie geschaffen: weiße, sich spiegelbildlich nach hinten verengende Bögen in wechselnd magischem Licht. Ein Faulbett auf dem Proszenium definiert die Bühne als Traumort. Wenn der Wecker rasselt, ist das Märchen aus. Miriam Hoffmeyer

„Der rothaarige König“ von Alexej Schipenko, heute, 27. 6.,

10 Uhr, carrousel Theater an der Parkaue, Lichtenberg