■ Südafrikanischer Urologe hilft zahlungskräftigen Männern:
: Volles Rohr!

München (taz) – Obgleich mann spätestens seit Oswalt Kolles nimmermüder Aufklärungsverve Ende der Sechziger weiß, daß es auf Größe und Umfang des Fortpflanzungsorgans nun überhaupt nicht ankommt, leiden doch zahllose Männer unter der zwanghaften Vorstellung – dialektische Malice chauvinistischer Phallokratie –, ausgerechnet der eigene sei zu kurz oder zu dünn geraten. Dieser vermeintlich von Natur aus benachteiligten Klientel nimmt sich der südafrikanische Urologe Hendrik-Christoffel Roos an, der gegenwärtig auch in der Bundesrepublik nach zahlungskräftiger Kundschaft sucht. In München erläuterte er jetzt seine Operationstechnik, mit der er Länge und Umfang des Penis beträchtlich zu erhöhen verspricht.

Nach einem Einschnitt mit dem Skalpell im Schamhaarbereich kappt er die Sehne, die den Penis an der Innenseite des Beckens festhält. Der Penis selbst wird vorgezogen und in seiner neuen Position mit mehreren Stichen befestigt. Anschließend wird der so verlängerte Schaft mit Haut aus dem Schamhaarbereich abgedeckt. Der äußerlich sichtbare Teil des Fortpflanzungsorgans könne auf diese Weise um bis zu vier Zentimeter verlängert werden.

Von den Chinesen will Dr. Roos vom Milpark Hospital in Johannesburg dieses Verfahren abgeschaut und weiterentwickelt haben. Als Indikation nennt er den Mikropenis, angeborene Anomalien, Verletzungen oder Verkrüppelungskrankheiten, wofür solcher Eingriff in der Tat segensreich sein mag. In Wien allerdings, wo er Anfang des Jahres für einige Wochen ordinierte, legten sich überwiegend Männer unter sein Messer, die sich in den ominösen vier Zentimetern eine „Erhöhung ihres Selbstwertgefühls“ erhofften. In 79 Prozent der Fälle, wie die renommierte Fachzeitschrift Medical Tribune berichtet, seien die Operationsgründe eher psychologischer Natur. Nur 14 Prozent kämen mit funktionsbedingten Störungen. Wobei, wie Dr. Roos zugibt, sein Eingriff auf die Funktion selbst überhaupt keine Auswirkungen habe.

20.000 Mark kostet die dreiviertelstündige Operation. Sechs Wochen nach dem Eingriff, so Dr. Roos, könne der Patient sein „gewohntes Sexualleben“ wieder aufnehmen. Mangelt es weniger an Länge, sondern eher an Dicke, ist Dr. Roos ebenfalls behilflich. Er verspricht eine durchschnittliche Umfangvergrößerung um 2 bis 2,5 Zentimeter. Hierzu verwendet er Hautstreifen aus der Gesäßfalte, die der Länge nach unter die Haut des Penis eingesetzt werden.

Nach eigenen Angaben hat Dr. Roos schon 450 Männern auf seine Weise zu mehr Selbstwertgefühl verholfen. In Kalifornien, wie Medical Tribune schreibt, blicke ein Kollege bereits auf stolze 107 Meter Rohr zurück, die er bei mehr als zweitausend Männern verlegt habe. Im Gegensatz zu den Roosschen Hautstreifen aus der Gesäßfalte werde in den USA allerdings körpereigenes Fett unter die Penishaut gespritzt, wenn es neben der Länge auch an Volumen mangelt. Urteil des Männermagazins Penthouse: „Das Fett klumpt bald wie eine schlecht abgebundene Sauce und wirft Beulen, der Erektionswinkel läßt nach, und der Ständer wird zum Hänger.“

Professor Dr. Dieter Hauri, Direktor am Urologischen Universitätsspital Zürich, hält den von Dr. Roos angepriesenen Gewinn an Penislänge für ebenso zu hoch gegriffen wie auch das von ihm verlangte Honorar. Er bestätigt: Bei den meisten Männern, die sich über einen zu kurzen Penis beklagten, stünden psychische Störungen und Hemmungen im Vordergrund. Psychische Probleme aber könnten nicht mit dem Messer gelöst werden. Colin Goldner