■ SPD einigt sich mit Koalition über neues Abtreibungsrecht
: Skandalöse Trauergeschichte

Was die „Experten“ aus CDU, FDP und SPD monatelang hinter verschlossenen Türen ausgehandelt haben und jetzt aber ganz schnell über die parlamentarische Bühne jagen wollen, ist der skandalöse Endpunkt einer nun zwei Jahrzehnte dauernden Skandal- und Trauergeschichte zum Paragraphen 218. CDU, katholische Kirche und Lebensschützer tragen mit diesem „Kompromiß zum Abtreibungsrecht“ nun doch noch einen weiteren Sieg davon.

Das vom Bundesverfassungsgericht in letzter Hinsicht konzedierte Selbstentscheidungsrecht der Frau wird dem Verhandlungsergebnis zufolge soweit wie eben denkbar untergraben und das BVG-Urteil so geradewegs zuungunsten der Frau ausgereizt. Statt Widersprüchlichkeiten und Fragwürdigkeiten – Frauen, Öffentlichkeit und rot-grüne Winde im Rücken – zugunsten der Frau geltend zu machen und die Regierung in Schwierigkeiten zu bringen, stimmt die SPD zu. Es ist unfaßbar. Wir warten gespannt darauf, mit welchen Ergebnissen die große Oppositionspartei das rechtfertigen will.

Gegen zwei kompensierende Zugeständnisse stimmten ihre Experten drei grundlegenden Verschärfungen für die Frau durch die Union zu. Das Ungeborene wird explizit mit eigenem Recht gegen die Mutter ausgestattet. Die Ausweitung von Strafe und Kontrolle für das soziale Umfeld der Schwangeren setzt die CDU im Gewande einer „milderen“ fünfjährigen Bestrafung für Unterhaltsverweigerung durch. Und die embryopathische Indikation wird flugs ganz abgeschafft, ein Novum in letzter Minute, nach dem „Behinderung allein“ kein Grund für eine Abtreibung sein kann. Daß die zwingende Beratungspflicht für Schwangere unter diesen Vorzeichen „ergebnisoffen“ sein soll und Abbrüche auf unterstem sozialem Level über die Krankenkasse finanziert werden, wird Liberalität nur schwer noch retten können. Wie man Dampf machen kann, haben nur die Ärzteverbände mit Erfolg vorgeführt.

Wird man und frau behaupten, es sei nichts anderes möglich gewesen? Das wäre eine gewagte Aussage. Es scheint, die SPD-Fraktion hat sich die Sache nicht vorbehaltlos zu eigen gemacht und alle politischen Register gezogen. Und wie konnte sie die Abwesenheit der Grünen bei den Verhandlungen hinnehmen? Es scheint, die Grünen sind mit ihrer Strategie der Mitgestaltung durch einen eigenen „Kompromißentwurf“ zu einem kompletten Ausfall geworden. Was ist da passiert? Wo schließlich blieb die überfraktionelle Frauenkoalition, gegen die ein solcher „Kompromiß“ nicht durchsetzbar gewesen wäre?

Die Oppositionsfraktionen sind es mindestens, die diesem Gesetzentwurf aller Ermüdung zum Trotz die Zustimmung verweigern müssen. Mechtild Jansen

Freie Journalistin, lebt in Köln