■ Der klare Sieg von Petra Roth (CDU) bei der ersten Direktwahl des Frankfurter Stadtoberhauptes unterstrich die Erfolglosigkeit und Konzeptionslosigkeit der rot-grünen Koalition...
: Frankfurter hielten Scherbengericht

Der klare Sieg von Petra Roth (CDU) bei der ersten Direktwahl des Frankfurter Stadtoberhauptes unterstrich die Erfolglosigkeit und Konzeptionslosigkeit der rot-grünen Koalition. Die SPD steht vor einem politischen Scherbenhaufen.

Frankfurter hielten Scherbengericht

„Zwei ganz schwere Jahre“ würden jetzt vor der Frankfurter SPD liegen, sagte Personal- und Rechtsdezernent Achim Vandreike nach der bitteren Niederlage von Andreas von Schoeler beim Kampf um den Oberbürgermeistersessel der Stadt. Nur zwei Jahre? Daß die Sozialdemokraten in der Bankenmetropole bis zu den Kommunalwahlen 1997 den Weg aus dem Tal der Tränen finden, glaubt außer Vandreike kein Mensch. Die SPD steht vor einem politischen Scherbenhaufen – und das Scherbengericht veranstalteten die BürgerInnen.

Dem Modernisierer von Schoeler ist es nicht gelungen, die Klientel der Sozialdemokraten zum Urnengang zu animieren. In den Szenevierteln haben die WählerInnen der Bündnisgrünen für eine Ergebnis von über 50 Prozent für den Kandidaten der Roten gesorgt, in den Wohlstandsvierteln hat Petra Roth mit Abstand das Rennen gemacht. Und in den „klassischen“ Arbeiterbezirken fuhren die WählerInnen lieber ins Grüne.

Die FrankfurterInnen präsentierten am Sonntag der SPD und Andreas von Schoeler – und indirekt auch den Bündnisgrünen, die sich an den ertrinkenden Kandidaten angekettet hatten – die Quittung für eine die Bedürfnisse der WählerInnen ignorierende Politik der internen Streitereien, der Ränkespiele und der Possen. Ganz Deutschland lache über die SPD in Frankfurt, merkte eine Genossin nach der gescheiterten Wiederwahl von Gesundheitsdezernentin Margarete Nimsch (Bündnisgrüne) resigniert an.

Hilflos ließ Andreas von Schoeler seine „vier Schweine“, die schon 1994 die Wahl von Lutz Sikorski (Bündnisgrüne) zum Umweltdezernenten verhindert hatten, weiter im Dreck wühlen – bis zum endgültigen Koalitionsbruch im März 1995. Die Koalition trat (fast) auf der Stelle. Die Schlagzeilen produzierten die Hahnenkämpfer von der SPD oder Exzentriker wie etwa der Stadtverordnete Dieter Dehm, der in einer Stadt mit 500 Banken ausgerechnet den Bossen der Geldinstitute an die weißen Kragen gehen wollte. Die Modernisierer schwiegen und würgten nach dem Desaster um die „Schweine“ eine Debatte um die Zukunft der Partei auf dem Kreisparteitag der Frankfurter SPD einfach ab; nach der Direktwahl sollten die GenossInnen diskutieren dürfen, mit einem durch die Direktwahl in seiner Position gestärkten Oberbürgermeister, der dann – ein Versprechen an die Adresse der Bündnisgrünen – auch endlich Zuchtmeister für die „Schweine“ sein wollte.

Ein paar Busspuren und verkehrsberuhigte Zonen, drei Gesundheitsräume für FixerInnen, ein Amt für multikulturelle Angelegenheiten – zu wenige Erfolge konnte die rot-grüne Koalition verbuchen, um über die eingefleischte Klientel vor allem der Bündnisgrünen hinaus Bekenntnisse zur sozial-ökologischen Politik zu provozieren. Dazu kam, daß die Koalition mit einem drastischen Sparkurs auch die eigene Klientel quälte. Und die parallel dazu von SPD und Bündnisgrünen in Hessen im April beschlossene Sparpolitik drängte die Protagonisten der rot-grünen Koalitionen in Stadt und Land zusätzlich in die Defensive.

SPD und Bündnisgrüne beeilten sich am Montag zu erklären, daß mit der Wahl Petra Roths in Frankfurt nicht automatisch die Chancen für künftige rot-grüne Koalitionen auf Länder- oder Bundesebene gesunken seien, wie das Sprecher von CDU und CSU gestern in Bonn propagierten. Für die südhessische Bezirksvorsitzende der SPD und Bundestagsabgeordnete Heidemarie Wieczorek- Zeul hat eine rot-grüne Koalition allerdings nur noch dann eine Chance, „wenn sie ein inhaltlich überzeugendes Reformkonzept ausstrahlt und mit einer Zuspitzung in inhaltlichen Fragen dafür wirbt“. Noch (!) verfügen SPD und Bündnisgrüne im Magistrat und im Stadtparlament über satte Mehrheiten. Aber schon am Wahlabend kursierten im Römer Gerüchte, wonach SPD-Fraktionschef Günther Dürr bereits mit seinem CDU-Kollegen Bernhard Mihm über die Bildung einer Großen Koalition verhandelt haben soll ... Klaus-Peter Klingelschmitt,

Frankfurt/Main