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Wahn gegen Katholiken

■ Prozeß wg. Mord in der Marienkirche

Vor dem Hamburger Landgericht hat gestern der Mordprozeß gegen eine 43jährige Ex-Heimleiterin begonnen, die am 14. Dezember 1994 während des Gottesdienstes in der katholischen St. Marienkirche in Hamburg im religiösen Wahn eine 72 Jahre alte Frau mit einem Beil getötet hatte. Die Staatsanwaltschaft geht von der Schuldunfähigkeit der Anklagten aus und plädiert auf Sicherheitsverwahrung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung.

„Ich bin berechtigt, alle Katholiken zu töten“, hatte die unter einer Psychose leidende Frau Monate zuvor unter anderen an den Bundespräsidenten geschrieben. Die Polizei müsse ihr helfen, ja sogar eine Waffe zur Verfügung stellen. Die Ex-Jura-Studentin hatte die Katholische Kirche „wegen Satanskultes“ anzeigen wollen. Nach eigenen Angaben hört sie seit Jahren „mal positive, mal böse Stimmen“, die ihr Angstzustände bereiten und die, so glaubt sie, aus dem katholischen Wallfahrtsort Lourdes in Südfrankreich stammen.

Sie hatte Ende der 70er Jahre ihre gelähmte Mutter in der Hoffnung auf eine Wunderheilung nach Lourdes gebracht. Mit der Mordtat in der Kirche habe sie auf die Gefahren aufmerksam machen wollen, die von dem Wallfahrtsort ausgehen würden: „Wenn es rauskommt, daß Lourdes ein böser Ort ist, sollte es einen Festtag geben.“

Der Prozeß wird heute fortgesetzt. lno/kva

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