piwik no script img

Deutsche Küchenmachos Von Ute Scheub

Deutsche Ehefrauen sind zum großen Teil mit Küchenmachos und Putzmuffeln verheiratet. Während EG-weit die Beteiligung der Männer an der Haushaltsarbeit in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen ist, wenn auch noch zu einem keineswegs jubelheischenden Niveau, ist der Anteil der von Männern im Schweiße ihres Angesichts geleisteten Hausarbeit in der Bundesrepublik konstant niedrig geblieben. Im neuesten Heft der Zeitschrift für Frauenforschungführt Jan Künzler in seinem Artikel „Die Beteiligung von Männern im Haushalt im internationalen Vergleich“ folgende Zahlen auf: Zwischen 1980 und 1990 verweigerten 59,4 Prozent aller deutschen Familienväter jedwede Hilfe in deutschen Küchen und Kammern. 15,6 Prozent übernahmen wenigstens einen Putz- oder Einkaufsdienst, 25 Prozent erklärten sich für zwei Tätigkeiten zuständig.

Damit liegt die Bundesrepublik in der Chauvi-Skala der EG kurz hinter Spanien und Portugal: 68,3 aller spanischen und 62,5 Prozent aller portugiesischen Paschas verweigern im Haushalt jedweden Handlangerdienst. In beiden Ländern aber haben sich die Kerle im Vergleich zu 1970 bereits ein Stück weit gebessert, während die teutonischen Verhältnisse bleiern blieben. „Sollte die Entwicklung fortgeschrieben werden dürfen“, warnt denn auch unser um die Emanzipation des Weibes sichtlich bemühter Autor, „wäre die Bundesrepublik bald das Schlußlicht in der Ausbreitung partnerschaftlich- egalitärer Formen der familiären Arbeitsteilung.“

Also, Mädels: Hände weg von deutschen, spanischen und portugiesischen Männern! Mehr zu empfehlen sind hingegen, zumindest der Statistik zufolge: Dänen, Holländer, Franzosen und Belgier. In der einen Hand die Einkaufstasche, das Geschirrtuch, den Putzlappen, in der anderen den Besen und den Staubsauger, so marschieren sie fröhlich an der Spitze der Statistik über den „Anteil der stark im Haushalt beteiligten Männer“. Ach, schön wär‘s: Zwar übernehmen 48,8 Prozent der dänischen Männer nach eigener Aussage zwei regelmäßige Tätigkeiten und 22,2 Prozent eine, aber auch hier rührt mit 29 Prozent immer noch knapp jeder dritte Däne keinen Finger.

Manche mögen staunen, wer dieser „Spitzengruppe“ auf dem Fuße folgt: die Ostdeutschen. Da die Untersuchung bis zum Jahre 1990 geht, dürfen sie die Mittelgruppe anführen, gefolgt von den Griechen, den Engländern, den Italienern und den Iren. Der Unterschied zwischen Ossis und Wessis ist allerdings so groß nicht, wenn man die Zahlen vergleicht: 52 Prozent der DDRler und 59,4 Prozent der BRDler gingen und gehen im Haushalt auf Kurzarbeit null.

Die Ursachen dieser traurigen Zustände werden in dem Artikel nicht untersucht. Man kann nur vermuten, daß sich die deutschen Männer den stummen Zwang der Verhältnisse zunutze machen. Denn auch bei der Zahl der Kitaplätze steht die Bundesrepublik im europaweiten Vergleich ganz schlecht da. Ergo müssen viele Mütter ihre Kinder selbst betreuen und können weder halbtags noch ganztags arbeiten. Ergo können ihre Gatten behaupten: Wenn du schon den ganzen Tag zu Hause rumsitzt, kannst du auch die Hausarbeit machen. So gesehen, werden deutsche Küchenmachos staatlich gezüchtet.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen