DASS hat keine Chance, aber sammelt weiter

■ Das Duale System kann die ab morgen gültigen Erfassungsquoten nicht erreichen

Ab morgen liegt die Latte zu hoch, als daß „Die Andere Systementsorgungs-Gesellschaft“ DASS sie überspringen könnte. Die Berliner Vertreterin des Dualen Systems muß ab dem 1. Juli größere Mengen gebrauchter Verpackungsmaterialien sammeln und verwerten als bisher. Doch die Erfassungsquote 1995 für Leichtverpackungen aus Weißblech, Aluminium und Kunststoff „kann nicht erreicht werden“, hat Umweltsenator Volker Hassemer (CDU) dem Parlament kürzlich mitgeteilt. Trifft dies zu und wäre der Senat bereit, im Einklang mit der Verpackungsverordnung die Konsequenzen zu ziehen, ist DASS in anderthalb Jahren am Ende.

Zwei unterschiedliche Quoten sieht die 1991 erlassene Verpackungsverordnung vor. Zum einen die Erfassungsquote: In allen Bundesländern muß das Duale System einen bestimmten prozentualen Anteil aller durch den Handel in Umlauf gebrachten Verpackungen einsammeln. Davon wiederum muß ein festgelegter Teil aussortiert und recycelt werden (Sortierquote).

Besonders bei der Erfassungsquote hat DASS Probleme. Von den insgesamt 9.347 Tonnen Aluminium-Verpackungen, die 1994 in Berlin verwendet wurden, landeten nur 763 Tonnen in den gelben Containern und Säcken. Dies entspricht einem Anteil von acht Prozent. Im vergangenen Jahr konnte sich DASS mit diesem mageren Ergebnis infolge niedrigerer Sammelquoten noch über die Runden retten. Das wird ihr aber für 1995 nicht mehr gelingen. Sie muß nachweisen, daß sie während des laufenden Jahres mindestens 55 Prozent des verbrauchten Aluminiums einsammelt. Die Steigerung der Erfassung um das Fünffache ist jedoch unrealistisch.

Ähnlich sieht es bei Weißblech aus. Während DASS 1994 etwa 20 Prozent der Konservendosen ergatterte, muß sie 1995 im Jahresdurchschnitt 60 Prozent schaffen. Bei Kunststoffen stieg die Pflichtquote von 25 auf 55, bei Getränkekartons von 17 auf 50 Prozent. Einzig die Erfassungsquoten bei Papier und Glas sind erreichbar.

Die enorme Steigerung bei Leichtverpackungen erscheint unwahrscheinlich, weil DASS nur ein geringer Handlungsspielraum bleibt. Nach Informationen ihres Geschäftsführers Andreas Mönnig läßt sich die Zahl der gelben Tonnen und gelben Säcke kaum noch erhöhen. Nur die großen Container auf öffentlichen Plätzen, die sogenannten Iglus, kann man noch vermehren. Doch dadurch allein werde die Sammelquote nicht erfüllt, heißt es im Bericht des Umweltsenators.

Ob die für DASS ungünstigen Prognosen eintreffen, wird der Senat im Mai 1996 überprüfen. Falls die Berliner Wertstoffsammler das Erfassungsziel nicht erreichen, können die Geschäfte ein halbes Jahr später verdonnert werden, die Verkaufsverpackungen selbst wieder zurückzunehmen, anstatt sie dem Dualen System zur Wiederverwertung zu überlassen. Durch die damit entstehenden Kosten würde einerseits Druck auf Handel und Verpackungsindustrie ausgeübt, Einwegverpackungen zu reduzieren und statt dessen Mehrwegsysteme anzubieten.

Andererseits würden möglicherweise die wirtschaftlichen Grundfesten von DASS erschüttert, denn mit den Leichtverpackungen gingen ihr auch die entsprechenden Einnahmen verloren. An einem Zusammenbruch von DASS allerdings kann der Senat kein Interesse haben, weil für die Joghurtbecher, Dosen und Tetrapaks, die das Duale System sammelt, auf den öffentlichen Mülldeponien kein Platz ist. Außerdem gibt es mittlerweile eine nennenswerte Zahl von Arbeitsplätzen in der Müll- und Recyclingindustrie, mit deren möglichem Verlust auch DASS gerne droht. Insofern ahnt man das Ergebnis der Überprüfung heute schon: DASS wird die Erfassungsquoten nicht erreichen, aber trotzdem weiter sammeln dürfen. Hannes Koch