Diepgen tadelt Nawrockis „politische Dummheit“

■ Regierender Bürgermeister vor Olympia-Ausschuß: Bei Kontrolle nicht versagt

Nach Ansicht des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU) war die Vernichtung von 14 Aktenordnern durch den Olympia-GmbH-Geschäftsführer Nawrocki eine „politische Dummheit“. Dabei sei allerdings kein Schaden entstanden, da alle wesentlichen Geschäftsvorgänge rekonstruiert werden konnten, erklärte er gestern vor dem Olympia-Untersuchungsausschuß. In seiner Rolle als Aufsichtsratsvorsitzender der Olympia GmbH habe er über „die Üblichkeiten“ hinaus gewirkt. Diepgen wies die Vorwürfe der Opposition zurück, seine Kontrollmöglichkeiten insbesondere bei der Vergabe öffentlicher Mittel nicht ausreichend genutzt zu haben. Es sei nicht die Aufgabe eines Aufsichtsrats, „alle Einzelheiten des Zuwendungsrechts“ zu kennen. Dem Aufsichtsrat sei es in erster Linie um den Erfolg der Bewerbung Berlins gegangen. Offen blieb, warum die Olympia GmbH mehrere Millionenverträge für Gutachten mündlich vergab. Dies war u.a. von einem Wirtschaftsprüfer moniert worden. Er habe, so verteidigte sich Diepgen, auf „zusätzliche“ schriftliche Abschlüsse hingewiesen. Im übrigen seien bei Auftragsvergabe durch die Olympia GmbH „keine überhöhten Preise“ gezahlt worden.

Aus der gescheiterten Bewerbung zog Diepgen gestern das Fazit, daß sich das Modell einer mit öffentlichen Mitteln ausgestatteten GmbH nicht bewährt habe. Zuwendungsrecht und Möglichkeiten einer privatrechtlichen GmbH hätten in einem „Spannungsfeld“ gestanden. Kaum Erhellendes wußte Diepgen auch zu einer Sammelmappe zu berichten, die 1992 vor dem Besuch einer IOC-Delegation vorab an Berliner Gesprächspartner verteilt wurde und angeblich nur öffentlich zugängliche Privatinformationen über die Gäste enthielt. Es sei „nicht auszuschließen“, daß ihm der damalige Geschäftsführer der Olympia GmbH, Grüttke, eine solche Mappe übergab.

Wesentlich kritischer hatte sich zuvor der neue Präsident des Deutschen Sportbundes, von Richthofen, geäußert. Die Euphorie der Olympia GmbH habe er nicht teilen können, so das ehemalige Aufsichtsratsmitglied vor dem Ausschuß. Bei den Besuchen und Gesprächen seien manche „freundlich-diplomatischen“ Äußerungen von IOC-Mitgliedern fälschlicherweise als Zustimmung gewertet worden. Severin Weiland