... ein Gangster sein dagegen sehr

■ Die Geiselgangster buddelten sich unbemerkt von einer Garage aus in die Bank

Der Mann, der monatelang vor der Zehlendorfer Garage rumsaß, hatte nicht nur einen griechischen Namen, sondern auch ein südländisches Naturell: Stundenlang konnte er, auf einem Campingstuhl in der Sonne sitzend, Siesta machen. Dabei ließ er sich von stets wechselnden Frauen Getränke und Kuchen servieren oder Zeitungen bringen. Jedenfalls fügte sich der Mann, der sich dem Vermieter der Garage als Al Barazi vorgestellt hatte, unauffällig in die bürgerliche Idylle des Zehlendorfer Ortsteils Schlachtensee ein, in dem ein offenbar gutbetuchter Tagedieb nicht weiter auffällt. Daß der angebliche Grieche wie ein Dominikanerpater schwindelte, vermutete keiner bei dem Mann, der sogar in einem blauen Jaguar vorzufahren pflegte und auch sonst einen seriösen Eindruck machte. Daß er häufig Besuch von ausländisch anmutenden Gästen bekam, die gewöhnlich für längere Zeit in der Garage verschwanden, ergibt erst seit vergangenem Dienstag einen Sinn, als bei dem spektakulären Ganovenstück die vorwiegend prominenten Anwohner des Nobelstadtteils in einem umgekehrten Rififi-Coup um ihre Schließfachschätze erleichtert worden waren. Die Ganoven hatten sich in monatelangen Grabungsarbeiten zum Kanalisationssystem durchgebuddelt, waren dem Kanal gefolgt und hatten rund 150 Meter auf der Höhe der örtlichen Commerzbankfiliale einen weiteren Tunnel zur Bank gegraben.

Doch statt die eines Vermessungsingenieurs würdigen Grabungsarbeiten zu vollenden und in die Tresorräume vorzudringen, inszenierten sie ein Geiseldrama, erpreßten fünf Millionen Mark und vergriffen sich erst dann an den Tresorräumen und den Schließfächern und benutzten schließlich das Tunnelsystem, um die Bullerei an der Nase herumzuführen.

Jetzt hocken Uniformierte auf Campingstühlen vor der Garage und reagieren ziemlich unwirsch, wenn man sie fragt, warum sie da noch rumhängen. „Das werd' ich Ihnen gerade auf die Nase binden“, kriegt der Neugierige zu hören. Laut Auskunft der polizeilichen Pressestelle wurden bei der Durchsuchung der Doppelgarage zwei Masken, vier Overalls sowie vier Paar Turnschuhe gefunden. Zudem gibt es Hinweise darauf, daß die Täter die Beute mit Skateboards abtransportiert haben, wie aus zwei ebenfalls dort sichergestellten Brettern kriminalistisch hergeleitet werden konnte. Seitdem wird die Garage besonders scharf bewacht. Die uniformierten Sicherheitskräfte sind dermaßen auf die Bewachung der Garage fixiert, daß sie jede Störung ihrer Tatortsicherungstätigkeit wie einen persönlichen Angriff bewerten. Marianne N., eine alte Dame, die den Beamten eine wichtige Beobachtung mitteilen wollte, wurde mit den Worten „Da sind sie bei uns an der falschen Adresse“ weggeschickt.

Wahrscheinlich wollten die Dienstabwehrgrenadiere damit auf die Schlüsselstellung des Leitenden Ermittlungsbeamten Detlef Büttner hinweisen, dem schon der Kaufhauserpresser Dagobert irgendwann in die Arme lief. Der 50jährige Kripo-Oberrat leitet nun eine eigens ins Leben gerufene Sonderkommission COBA und verspricht: „Wir fangen die Bande.“ Für die Zehlendorfer Geiselgangster heißt das, daß sie wohl erst mal ein paar Jahre die sauer verdienten Früchte ihrer Arbeit genießen können. Peter Lerch