■ 1. Juli – zweite Phase des Friedensprozesses in Nah-Ost
: Triste Feier

Ein Hurra für den Frieden im Nahen Osten! Die zweite Phase ist erreicht! Reichet einander die Hände, oh Arafat und Rabin, Mubarak und Hussein! Und strahlt Zuversicht in die Kameras, auf daß die Welt wisse: Es wird alles gut!

Aber Rhetorik wie symbolische Gesten sind in dem Land, in dem der Frieden Wirklichkeit werden soll, schal geworden, der Freudentaumel des Anfangs zerschellte an der wenig hoffungsvollen Realität. So macht ein Ortswechsel Richtung Washington Sinn – vor allem für Präsident Clinton, der mit der Feierstunde außenpolitisch etwas zu reißen hofft.

Gibt es etwas zu feiern? Sicher ist der 1. Juli nunmehr zum Eckstein der zweiten Phase im Friedensprozeß geworden. Angesichts der Schwierigkeiten, die diesem Prozeß entgegenstehen, ist allein die schlichte Fortführung der Verhandlungen als Erfolg zu werten. Der point of no return ist überschritten; der Frieden von Oslo ist auch durch die schärfsten Gegner des Abkommens nicht mehr umzukehren. Mißt man den Frieden zwischen Israel und der PLO aber am Osloer Grundsatzabkommen, an dem, was von den dort festgelegten Schritten und Terminen verwirklicht wurde, so mutet das Ergebnis kläglich an.

Wer noch im Frühjahr glaubte, daß der Termin für einen Rückzug der israelischen Armee aus den Städten der Westbank, eine Übertragung der Verwaltung auf die palästinensische Selbstregierung und nicht zuletzt die Abhaltung palästinensischer Wahlen lediglich um ein paar Monate verschoben wurde, wird mit dem 1. Juli vollends frustriert. Die in den letzten Wochen und Tagen geführten, intensiven Verhandlungen werden nicht mehr als einen Minimalstkonsens zeitigen. Der Truppenrückzug wird in zwei Phasen aufgeteilt und palästinensische Wahlen nicht vor Ende des Jahres in Aussicht gestellt. In den Westbank-Städten Ramallah, Bethlehem und Hebron aber werden auch nach dem 1. Juli israelische Militärjeeps patrouillieren. Nicht zu reden vom Status Jerusalems, der auch jetzt von israelischer Seite als „unveränderlich“ bezeichnet wird. Die Familien und Freunde der rund 6.000 palästinensischen Gefangenen schließlich zweifeln an der Wahrhaftigkeit des Friedens. Zu oft schon blieb das Versprechen, zumindest einen Teil der Gefangenen freizulassen, unerfüllt.

Die Symbole, die nach der Unterzeichnung des Grundlagenabkommens von Oslo im September 1993 noch Bedeutung hatten, sind verblaßt und in der Westbank, in Jenin, Nablus, Tulkarem und Kalkiliya blickt man der neuen Freiheit, die de facto eine fast ebenso strangulierte Autonomie wie die des Gaza- Streifens und Jerichos bedeuten wird, eher skeptisch entgegen. Daran wird auch die Inszenierung von Washington nichts ändern. Katrin Martens