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Der rot-schwarze Senat in Bremen ist komplett

■ Die SPD stellt mit Henning Scherf den Bürgermeister – aber die CDU erhandelte sich in der großen Koalition die entscheidenden Ressorts Wirtschaft und Finanzen

Bremen (taz) – Bremen ist rot- schwarz. Gestern wählte die Bürgerschaft den neuen Senat unter Bürgermeister Henning Scherf (SPD). Von 98 erschienenen Abgeordneten stimmten 71 für Scherf, der als neuer großer SPD- Integrator gehandelt wird. Mit der Wahl ist die Landesregierung von elf auf acht SenatorInnen geschrumpft, von denen jeweils vier von SPD und CDU gestellt werden. Dabei besetzt die SPD den Bürgermeisterposten – der CDU gelang es allerdings, die großen Ressorts Finanzen und Wirtschaft auszuhandeln. Finanzsenator wurde der CDU-Bürgermeisterkandidat Ulrich Nölle – mit 83 Jastimmen errang er das beste Ergebnis.

Das Bremer Wirtschaftsressort verwaltet künftig ein prominenter Politimport: Hartmut Perschau, mehrfach gescheiterter CDU-Herausforderer in Hamburg und als Innenminister von Sachsen-Anhalt über die „Gehälteraffäre“ gestolpert, füllt die durchweg männliche Senatorenriege der CDU auf. Perschau hatte alles andere als einen gelungenen Start in Bremen. Er wurde erst für den Posten ausgeguckt, nachdem der bremische CDU-Kandidat Schroers abgewunken hatte, und mußte mit nur 68 Jastimmen das schlechteste Wahlergebnis hinnehmen.

„Das ist ja schön, daß ich Sie auch mal kennenlerne“, freute sich dann auch gestern morgen der Landeschef in spe, Henning Scherf, als er bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages Hartmut Perschau die Treppe zur Bürgerschaft heraufkommen sah. „Ich kenne Sie nur aus dem Fernsehen.“ Kein Wunder, die CDU hatte sich in ihrer Kandidatenauswahl im Laufe der Koalitionsverhandlungen ziemlich schwer getan. Und noch schwerer tut sie sich in der Personalpolitik für die zweite Regierungsreihe. In Nölles Finanzressort bleibt der bisherige Staatsrat (der woanders Staatssekretär heißt) von der SPD auch unter der CDU im Amt, was zu großem Unmut bei den ChristdemokratInnen geführt hat. Am Montag hatte die CDU-Fraktion ihre Senatoren an die Kandare genommen. Alle wichtigen Personalentscheidungen müßten erst mit den Abgeordneten abgestimmt werden. Auch Perschau will sich ganz auf die Verwaltung seines FDP-Vorgängers Claus Jäger verlassen. Was die CDU wiederum freut, denn das Bremer Wirtschaftsressort galt von jeher als konservativ.

Die CDU hat künftig einen SPD-Staatsrat, dafür sitzt auch ein Grüner in der zweiten Reihe der großen Koalition. Die neue sozialdemokratische Umweltsenatorin und bisherige SPD-Landesvorsitzende Tine Wischer hat sich für Manfred Morgenstern entschieden. Den hatte der ehemalige grüne Umweltsenator Ralf Fücks erst vor einem guten Jahr aus Frankfurt nach Bremen geholt.

Jochen Grabler Seite 6

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