Musical an der Angel

■ Der Wunsch-Produzent landete allerdings mit „Buddy Holly“ in Hamburg keinen Hit

„Das ist einfach irre, was so ein Musical auslöst“, sagt Torsten Haar, Pressesprecher bei der Hanseatischen Veranstaltungsgesellschaft (HVG), die das Projekt Bremer Musical betreut. Seit Monaten schicken Hobbyautoren, auch ostfriesische, ihre Manuskripte an die HVG, es bewerben sich Leute, die gern die Kostüme schneidern würden ... Dabei ist noch nichts spruchreif. Seit Juni 1993, als man den Musicalmogul Friedrich Kurz durch Bremen führte, ist es bei Träumereien geblieben. Doch halt, ganz so nebulös scheint der Traum von der Musical-Stadt jetzt doch nicht mehr zu sein: Nach Kurzens Absprung hat die HVG ein Jahr lang unzählige Gespräche geführt mit Musical-Newcomern, nun hat sich unter zuletzt drei Firmen ein „Partner“ herausgeschält.

Ein „Partner“, der nicht nur inszenieren will, sondern auch das Stück stellt und die Vermarktung übernimmt, eine „Paketlösung“ also. Und, weiterer Vorzug: Dieser „Partner“ verlangt nicht, wie Kurz und andere, daß die Stadt sich auch an den laufenden Betriebskosten beteiligt. Nein: Sie müßte „nur“ den Show Park am Richtweg musicalgerecht umbauen und die Bremen-Werbung intensivieren. Letzteres plane die Stadt ohnehin, berichtet Torsten Haar: Die Bremer Touristik-Zentrale, die die Nachfolgerin des Verkehrsvereins werden soll, befinde sich justament in Gründung.

Der neue Hoffnungsträger heißt Frank Buecheler (37) und ist Chef des Hamburger Unternehmens „Neue Metropol“. Viel Erfahrung hat die Firma nicht: Sie wurde gegründet für die Produktion „Buddy Holly“ in Hamburg (Premiere Dezember 1994). Allerdings hat die Firma drei, vier weitere Musicalprojekte in Planung, im In- und Ausland. Und die WFG weiß, daß die führenden Leute bei der „Neuen Metropol“ alle seit Jahrzehnten in der Showbranche aktiv seien.

Diese Kompetenz hat für das Muscial „Buddy Holly“ aber offenbar nicht gelangt. „Die Zeit“ frotzelte: „Der Rock 'n' Roll Club Stellingen hätte besser getanzt und weit besser ausgesehen dabei.“ Die taz meinte es nicht besser mit der Produktion: „Die zwischen die Songs eingestreuten Spielszenen und Dialoge holpern und stolpern über die Bühne wie sonst nur beim Laientheater.“ Und die Hamburger „Morgenpost“ vernichtend: „Was dort als ,Bühnenbild' gezeigt wird, wäre sogar in der Provinz nur als ,provisorisch' zu bezeichnen.“ Einig war man sich sowieso über die Story: dünn.

In Hamburg munkelte man alsbald von einer Platzausnutzung von nur 40 Prozent. Die Musical-Macher zogen die Notbremse: Im Februar kam eine Neufassung heraus. Die betuliche Nummernrevue wurde mit mehr Licht, mehr Tanz und mehr Rock 'n' Roll aufgepeppt. Fazit der „Morgenpost“: „Der Weg stimmt, das Ergebnis (noch) nicht.“

Hamburg kann ein Flop egal sein, denn Hamburg hat laut Auskunft einer „Metropol“-Mitarbeiterin nichts zugeschossen. Doch Bremen würde der Musical-Firma für wahrscheinlich über 40 Millionen ein ganzes Theater hinstellen.

„Ja, aber wir stellen auch die Bedingung, daß, sollte das Stück floppen, die Produktionsfirma zu einer zweiten Inszenierung verpflichtet ist“, sagt Torsten Haar. Das Bremer Musical darf keinesfalls floppen – denn die Stadt hofft die Investitionskosten über die Pacht wieder hereinzukriegen und will deswegen möglichst einen 10-Jahres-Vertrag mit der Musical-Firma schließen.

Solche vertraglichen Einzelheiten sind jedoch ungelegte Eier. Ebenso die Stückwahl. Frank Buecheler hat der HVG mehrere Vorschläge unterbreitet: Die reichen von einer internationalen Lizenz für ein bereits erfogreich laufendes Stück bis zu ganz neuen, eigenen Stories. Darüber wird letztlich auch die Politik entscheiden. Sprich: der Senat und dann die Wirtschaftsförderungsausschüsse. Wahrscheinlich nach den Sommerferien.

Das Stück muß schon ein ganz besonderes sein – schließlich wird Bremen, wenn es denn ein Jahr später als mal geplant, nämlich im Herbst 1997, zur Premiere lädt, etwa die 14. deutsche Musical-Stadt sein, gleichzeitig wollen wahrscheinlich Hannover, Berlin und Frankfurt auf den Markt gehen. Eigentlich wollte man zwölfter sein. Schließlich schätzen Insider, daß ab 20 Musicals in Deutschland der Markt endgültig gesättigt sein könnte. Doch die HVG verweist man auf ein optimistisches Gutachten: Darin wird von der „Distanzunempfindlichkeit“ bei MusicalbesucherInnen gesprochen und vom „Bedarfweckungseffekt“. cis