Powerfrau sonnt sich auf der Finca

■ Beate Wedekind lebt nun auf Ibiza / Doch ganz aussteigen kann die einstige Chefredakteurin im Hause Burda nicht / Wenn's drauf ankommt, ist sie morgen in Berlin

„Zur Zeit bin ich mal wieder sehr blond“, sagt Beate Wedekind am Telefon, „die Haare sind von der Sonne ja total ausgebleicht.“ Die 45jährige mit dem zweifelhaften Ruf der Karrierefrau hat vor kurzem ihr Münchner Loft aufgelöst und lebt heute auf Ibiza, der Aussteigerinsel. Sie hat Spanisch gelernt, sich eine Finca ausgebaut, führt ein vergleichsweise bescheidenes Leben abseits von Jetset und Medienrummel, die doch vor kurzem noch ihr Element waren.

„Aber eine Aussteigerin bin ich nicht“, meint sie unvermittelt heftig. „Ich habe lediglich meinen Standort gewechselt. Ich habe mein Handy, meinen Computer, mein Modem, ein Büro, eine Mitarbeiterin und verdiene einigermaßen gut. Wenn es drauf ankommt, bin ich morgen in Berlin. Und wenn es eine Aufgabe gibt, die mir wirklich interessant erscheint, dann komme ich jederzeit nach Deutschland zurück. Aber Chefredakteurin sein um jeden Preis, das muß ich ja nicht.“ Ja, sicher, möchte man ihr spontan beipflichten. Das tun wohl auch die meisten Leute. „Hier gibt es ja massenhaft deutsche Touristen“, erzählt sie, „viele erkennen mich, fragen, was ich denn so mache und finden es absolut o.k.!“

Doch wer sie erlebt hat, ihren kometenhaften Aufstieg bei Burda, anfangs als Society-Reporterin für die Bunte, dann als Chefin der deutschen Elle und bald einer knappen Handvoll weiterer Lifestyle-Magazine, wer schließlich 1992 das verzweifelte Ringen Deutschlands bekanntester Chefredakteurin gegen den unaufhaltbaren Untergang des Traumschiffs Bunte beobachtet hat, der mag dieser neuen Gelassenheit nicht trauen. Der kennt ihre hektische Betriebsamkeit, diese schier unermüdliche Aufgeregtheit, mitunter blanke Leistungswut. Wedekind, der Erfolgsjunkie, immer auf der Überholspur. Durch alle Höhen und Tiefen dieser unter Managern angeblich nicht seltenen Sucht hat es sie gezogen. Kein Gipfel zu hoch, keine Klippe zu steil, Beate Wedekind, das Sinnbild omnipotenter Yuppie-Phantasien, wird's schon schaukeln. Ganz Powerfrau, kämpft sie sich an die Spitze des Burda-Konzerns und staunt verwundert, als die hier residierende Männerriege sie nach allen Regeln der Kunst auflaufen läßt. Kaum hat Hubert Burda seine bisherige Vorzeigefrau verstoßen, zieht es diese auch schon zur Konkurrenz: jetzt erst recht. Versucht, mit Gala und Gruner & Jahr den Münchnern ein für allemal zu zeigen, was sie kann. Ausgerechnet mit einem längst totgesagten Projekt will sie Bunte den Marsch blasen. Ehrgeiz verstellt wohl bisweilen den Blick fürs Machbare.

Als sie nach drei Monaten aufgibt, entnervt von den geradezu mythisierenden Erwartungen an die „Wedekind mit dem magischen roten Adreßbuch“, tragen die Kollegen in den Medien ihr Fell zu Markte. „Wie neidisch die Leute sein können, das habe ich bis dahin nicht gewußt“, sagt sie heute. Diese Extraportion Mißgunst, die da über sie hereinbrach, läßt sich messen, spätestens seit Hans-Herrman Tiedje, einstmals Wedekinds Kollege bei Bunte, in Berlin seinen Tango so erbärmlich in den Sand setzte. Gnadenlos. Dieser Häme hat sie sich entzogen. „Wenn man so viele Jahre so hart gearbeitet hat wie ich, dann ist es vollkommen unerträglich, arbeitslos in Deutschland zu sein“, stellt sie fest und genießt einstweilen den mediterranen Lebensstil. Nimmt sich Zeit, endlich ein Buch zu schreiben, bereitet sich gründlich auf ihre Interviews vor, arbeitet dann in aller Ruhe an den Porträts internationaler Wirtschaftsgrößen für ein Schweizer Fachmagazin. Im gewohnten Plätscherton verplauscht sie einmal im Monat für Max aktuelle Lifestyle-Themen, verdient ihr Geld mit PR-Beraterverträgen. Schließlich weiß sie, was ankommt. Ein Reiseführer Ibiza ist soeben erschienen und „läuft ganz gut“.

Ganz und gar aussteigen, das will sie nicht, das kann sie ja auch gar nicht: Beate Wedekind ist weder Abfindungsprinzessin noch Millionenerbin. Sie hat sich hochgearbeitet aus dem Duisburger Milieu. Hat als Stewardeß, Bankkauffrau, Entwicklungshelferin, Journalistin und Managerin ihr Glück gesucht, Freiheit und Abenteuer. Sie selbst sieht ihre Vergangenheit als „Lebensphasensystem“. In ein solches „System“ gehören die biografischen Brüche, passen auch Zeiten relativer Ruhe und Zurückgezogenheit. Bis zum nächsten Einstieg.

Petra Groll