"Ohh kehh, ohhhh kehhhhh"

■ Mit "Hypno - die unglaubliche Show" will Pro7 im nahenden Sommerloch die Quoten hypnotisieren

Manfred Knoke soll 1.811 Menschen in sechs Tagen hypnotisiert haben. Das ist natürlich Guinness- Weltrekord. Im Dienste des Münchner Privatsenders Pro7 darf der Hypnotiseur jetzt ein paar Gänge runterschalten. „Hypno – die unglaubliche Show“ wird ab Sonntag übersichtliche acht Freiwillige wöchentlich präsentieren, die der 44jährige in den legendären Zustand zwischen hüben und drüben versetzt hat.

Daß Hypnose nicht nur dem relaxten Abhängigen dienlich sein kann, vielmehr „Faszinierendes aus den Leuten herausholt“, sollte der Presse bereits vorab demonstriert werden. „Es kann sich wohl keiner vorstellen, daß eine normale Angestellte in einer Fernsehsendung plötzlich von null auf hundert Touren schießt und drei junge Männer kosmetisch berät“, versuchte Manfred Knoke die Presseleute im schicken Hamburger Alsterpavillon korrekt einzustellen. Das ging etwas daneben, sind doch via Fernsehen täglich „ganz normale Angestellte“ dabei zu sehen, wie sie auch unhypnotisiert die seltsamsten Dinge tun. Der Toupet-Effekt, also die Frage, ob Wahrheit oder Beschiß folgen würde, hielt aber doch alle bei der Stange. Schließlich sollte hier noch live hypnotisiert werden.

Knoke und sein „zweites Augenpaar“, die angeblich seit zwölf Jahren an seiner Seite befindliche Ehefrau und Assistentin Helga, taten sich bei der Mobilisierung von Freiwilligen dann allerdings ein wenig schwer. Lag es etwa am bodenständigen Outfit des Ehepaares? Helga, stumm wie Wanda und blond nur strähnchenweise, verfehlt um Haaresbreite jenes Etwas, das eine Traumhochzeitsmoderatorin von denen trennt, die Tupperware verkaufen müssen. Ihr Gatte, ein drahtiges Kerlchen mit kleinen Füßen und hoher Stirn, war vom rührigen Pro7-Team heftig und erfolglos auf Friedrich Küppersbusch getrimmt worden.

Die „Broadway Danny Rose“- Aura der Knokes schimmerte trotzdem durch. Und so fanden sich doch noch fünf Willige. Der Hypnosevorgang bot handfesten Hokuspokus: „Oh Kehh, ohhhh kehhhhh“, seuselte Manfred Knoke, „streckt eure rechte Faust nach oben und den Zeigefinger, bitte nur den Zeigefinger – nicht daß sich jemand angesprochen fühlt – in Blickrichtung der Augen.“

Kaum zu glauben, daß das Vorspiel die Gefahr der Selbsthypnose in sich bergen soll und deshalb dem Fernsehpublikum vorenthalten werden wird. Die schmächtigste Freiwillige, unter Hypnose steif wie ein Brett geworden, wurde vom gelernten Radio-, Fernseh- und Hypnosetechniker Knoke unter Mithilfe von Autodidaktin Helga zwischen zwei Stühle plaziert. Der Hypnotiseur beging dann die freischwebende Brücke, nicht ohne den Bauch der Entrückten mit einem lamettadurchwirkten Samttuch zu bedecken. Fotos konnten gemacht werden. Die Frau gab hernach an, „Elena“ zu heißen, bei Bild zu arbeiten und sich „sehr entspannt“ zu fühlen. Die anderen vier Versuchspersonen wirkten vergleichsweise frustriert. Eine blickte Manfred Knoke mit dem Willen zur Wahrheit ins Gesicht: „Ich glaube, ich war nicht ganz weg.“ Das tat dem Mann nicht weh. „Tja, sie müssen es natürlich wirklich wollen, sonst funktioniert es nicht“, stellte der Meister ein für allemal klar, wer hier versagt hatte.

Das medienpolitisch geschulte Publikum, wohl stimuliert durch den Umstand, daß die Hypnose nur bei der Bild-Reporterin angeschlagen haben sollte, gab sich kritisch. Manfred Knoke konterte über die Informationsschiene: Show-Hypnose sei nichts für „ehemalige Bettnässer“ und Leute mit einem „seelischen Knacks“. Auch von einem „sehr, sehr guten Zahnarzt aus Stuttgart“ wußte er zu berichten, der einen Patienten auf einen Hypnose-Trip nach Hawaii schickte und ihm dann unbemerkt den Kiefer ausschabte. Im anschließenden Preview der Hypno- Show sah Knoke dann doch wie Küppersbusch aus, und hypnotisch unbeeindruckt blieb dort auch keiner. Dicke Männer ließen sich von ihm, dem es „grundsätzlich widerstrebt, Leute lächerlich zu machen“, einen rosa Tüllrock umbinden und unter Hypnose einreden, sie seien Ballerinas.

Das Ganze zackig aus je zwei Stunden Rohmaterial auf ein „neues, originelles Halbstundenformat“ (Programm-Macher Axel Kühn) geschnitten, soll nun „Lachen von der ersten bis zur letzten Minute“ garantieren. Kann das wirklich jemand wollen? Claudia Thomsen