Lea Rosh wütet gegen Mahnmal-Kritiker

■ Weiter Streit um Berliner Holocaust-Denkmal / Lea Rosh, Mitinitiatorin des Mahnmals, zu Simon Wiesenthal: „Wir brauchen seine historische Belehrung nicht“

Berlin (taz) – Leicht schräg sollte es sein, doch jetzt gerät das geplante Holocaust-Mahnmal in eine bedenkliche Schieflage. Die Diskussion um die gigantische Platte, die in Berlin zum Gedenken an die jüdischen NS-Opfer errichtet werden soll, wird zunehmend schärfer. „Wenn Herrn Bubis der Siegerentwurf nicht paßt“, sagte Lea Rosh gestern der taz, „so ist das sein Problem. Die Entscheidung ist klar.“

Die Mitinitiatorin des Denkmals reagierte damit auf die Kritik des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden am Siegerentwurf der Künstlerin Christine Jackob- Marks. „Bubis selbst hat die Auswahlkommission als hochrangig bezeichnet“, so Rosh, „auch wenn wir uns die anderen Entwürfe noch dreimal ansehen, kämen wir zu keinem anderen Ergebnis.“ Die Jury habe Bubis als Sachverständigen eingeladen.

Ignatz Bubis hatte gestern seine Vorbehalte gegenüber dem Siegerentwurf erneuert, sich aber gegen einen neuen Wettbewerb ausgesprochen. Es habe bei 528 Arbeiten 17 Preise, darunter zwei Siegerpreise, gegeben. Nun sollten sich der Bund, das Land Berlin und der Förderkreis als Auslober – dem gehören neben Rosh auch Edzard Reuter und Eberhard Jäckel an – noch einmal zusammensetzen und eine Lösung finden. Außerdem wandte sich Rosh gegen Simon Wiesenthal, den Vorsitzenden des Bundes Jüdischer Verfolgter des Naziregimes. Dieser hatte bezweifelt, daß die 4,2 Millionen Namen jüdischer NS- Opfer, die auf der Platte dokumentiert werden sollen, überhaupt bekannt sind. Vor allem die Namen der getöteten russischen Juden seien nicht aufgelistet. Rosh: „Das haben wir nie anders gesehen.“ Dafür sei ein freier Platz auf der Platte vorgesehen. „Wir brauchen seine historische Belehrung nicht.“

Zur Wehr setzt sich der Förderkreis auch gegen die Behauptung, er habe nie mit der israelischen Forschungs- und Gedenkstätte Yad Vashem Kontakt aufgenommen. Avner Shalev, Direktor von Yad Vashem, wird im Tagesspiegel mit den Worten zitiert, ihm sei schleierhaft, wie die Urheber des Entwurfs auf die Zahl von 4,2 Millionen ermordeter Juden kämen. Dagegen Eberhard Jäckel vom Förderkreis: Er selbst habe im Septemer 1993 den Direktoren von Yad Vashem von dem Denkmalprojekt berichtet. „Sie versprachen ihre Unterstützung.“

Zu dem Plädoyer von mehreren Prominenten aus Frankfurt/Main – unter ihnen Daniel Cohn-Bendit –, den Wettbewerb neu auszuschreiben, konterte Rosh wütend: „Sollen wir uns von Cohn-Bendit sagen lassen, was wir tun sollen?“ Bascha Mika

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