■ Bei der Arbeit: der neue Senat
: Mehr Ozon und Lehrer

Gestern traf sich der neue Senat zu seiner ersten Arbeitssitzung. Folgende Beschlüsse sind daraus hervorgegangen:

Die Fläche der bremischen Vogelschutzgebiete, die bei der Europäischen Union angemeldet werden, verringert sich um ein Drittel. Nicht mehr 18 Prozent, sondern nur noch 12 Prozent der Landesfläche sollen für den Vogelschutz ausgewiesen werden. Die alte Koalition hatte beispielsweise noch das Niedervieland III angemeldet; in der korrigierten Vorlage der zuständigen Senatorin Tine Wischer (SPD) kam das Gelände nicht mehr vor. „Einvernehmlich“ habe der Senat der Vorlage zugestimmt, sagte Wischer gestern der Presse. Nun müssen Tüpfelralle und Zwergschwan vor die oberste Instanz, wenn sie ihr bevorzugtes Brutgebiet behalten wollen: Die EU könnte die korrigierte Anmeldung aus Gründen des Vogelschutzes durchaus noch zurückweisen.

Darauf pochen auch die Grünen: Als „ersten Schritt zum Ausverkauf des Naturschutzes“ geißelten sie gestern in einer Presseerklärung. „Nach der EU-Richtlinie bestimmt einzig das faktische Vorkommen von bedrohten Vogelarten über den Schutzstatus der ausgeklammerten Gebiete und nicht der Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU.“

Anders sieht es in den Belangen der bremischen Schulen aus. Senatorin Bringfriede Kahrs (SPD) tritt dem neuen Schuljahr mit 40 neuen Lehrerstellen entgegen, die allerdings „weitgehend auf ein Jahr befristet sind“. Darüber hinaus bekommen die Schulen Geld für umgerechnet 9 Stellen, mit dem sie sich kurzfristig Vertretungen beschaffen können. Weitere 20 Stellen werden mit Hilfe von Arbeitsamtsgeldern für langzeitarbeitslose Lehrer geschaffen. Macht 69 neue Stellen. Hingegen beenden oder unterbrechen zum neuen Schuljahr rund 100 Lehrer ihren Dienst, so daß sich die Lehrer-Schüler-Relation zuverlässig weiter verschlechtert.

Senator Bortscheller (CDU) verkündete, daß nunmehr wirklich die Abschiebehaft für abgelehnte Asylbewerber verlegt wird, und zwar in die JVA Blockland. Dort soll ein leerstehendes Gebäude mit 18 Einzelzellen bis zum Jahresende umgebaut werden. Die „Asylgruppe Ostertor“ hat bereits gegen die Entscheidung protestiert: Die Asylbewerber säßen im Blockland sehr abgeschieden, heißt es, nicht einmal ein Bus fahre so weit hinaus, so daß die Betreuung der Asylbewerber sehr erschwert werde; auch seien die räumlichen Verhältnisse dort eher beengt. Bortscheller aber bekräftigte, daß es sich ohnehin nur um eine „Übergangslösung“ handle, bis einst das neue 70 Millionen Mark schwere Polizeipräsidium auf dem Gelände der Lettow-Vorbeck-Kaserne fertig sei. In die Ostertorwache, die dann zum Jahresende frei wird, zieht die Wagenfeldstiftung ein, die es mächtig in den Hufen juckt. Sie hat für ihr Design-Zentrum bereits 4,5 Millionen Mark an Spenden beisammen.

Nichts Neues in den Belangen der Atemluft. Wenn am Freitag der Bundesrat über eine neue Ozonverordnung entscheidet, wird das Bundesland Bremen sich der Stimme enthalten. Und das, obwohl der Kompromißvorschlag des parlamentarischen Vermittlungsausschusses dem weitergehenden Entwurf der SPD-regierten Länder Hohn spricht, an dem Bremen maßgeblich beteiligt war. Umweltsenatorin Wischer hält denn auch den Kompromiß für „völlig unzureichend“, aber die Koalitionsvereinbarung sehe nun einmal vor, daß bei einer Pattstellung im Senat (vier gegen vier) Stimmenthaltung geübt werde.

Weil Niedersachsen, wie dpa gestern meldete, dem Kompromiß sogar zustimmen will, steht ihm nicht mehr viel im Wege. Er sieht vor, daß es bei Ozonwerten ab 240 Mikrogramm zu Fahrverboten gegen Autos mit ungeregeltem Katalysator kommt, es sei denn, einer von zahllosen Ausnahmefällen träte in Kraft. Auf Geschwindigkeitsbegrenzungen verzichtet dieser Kompromiß gänzlich.

Der SPD-Entwurf hatte dagegen Geschwindigkeitsbegrenzungen ab Ozonwerten von 180 und ein generelles Fahrverbot ab 215 Mikrogramm vorgesehen.

schak