Protestanten bedrohen Nordirlands Frieden

■ Spannungen und Straßenschlachten vor protestantischen Märschen heute

Belfast (AP/AFP/rtr) – Schwere Spannungen vor dem höchsten Feiertag der Protestanten bedrohen den Friedensprozeß in Nordirland: Gestern standen sich in der Stadt Portadown Hunderte von Demonstranten und Polizisten gegenüber, nachdem es am Abend zuvor schon in Belfast und Derry zu Ausschreitungen gekommen war. Weitere Unruhen werden heute befürchtet, wenn die Feiern zum Gedenken an die Schlacht im Jahre 1690, die die protestantische Thronfolge im britischen Königshaus sicherte, ihren Höhepunkt erreichen.

Die traditionellen Umzüge werden jeweils vom „Protestant Orange Order“ veranstaltet – und dienen der Erinnerung an den Sieg, den der protestantische König Wilhelm III. am 12. Juli 1690 in der Schlacht am Boyne gegen den Katholiken Jakob II. errang. Wandbilder der protestantischen Milizen in Belfasts Protestantenviertel Shankill erinnern seit jeher großformatig an jene Schlacht. Die Kundgebungen aus Anlaß des Jahrestages führten in der Vergangenheit immer wieder zu heftigen Zusammenstößen zwischen militanten Protestanten und Katholiken.

Dieses Jahr begannen die Unruhen am Sonntag in der vorwiegend von Protestanten bewohnten Stadt Portadown, wo Katholiken einen Sitzstreik gegen den geplanten Umzug veranstalteten und die Polizei mit einem Verbot der protestantischen Demonstration reagierte. Am Montag abend setzte die Polizei Gummigeschosse gegen die Demonstranten ein, von denen sie mit Steinen, Flaschen und anderen Wurfgeschossen angegriffen wurde. Wenig später versuchten mehrere hundert Demonstranten, Polizeisperren zu durchbrechen und in das katholische Viertel zu gelangen. Auch daran wurden sie mit dem Einsatz von Gummigeschossen gehindert. Erst spät in der Nacht erzielten Demonstranten und Polizei ein Abkommen, das den Marsch durch das protestantische Viertel gestattete. Auch gestern dauerte die Konfrontation zwischen Protestanten, Katholiken und der Polizei in Portadown an.

Ausschreitungen und Angriffe auf die Polizei wurden am Montag abend auch aus Belfast und Derry gemeldet. In der Hauptstadt versuchten Demonstranten, mit Brandsätzen eine Straße zu sperren. Dabei wurden Hausruinen und Fahrzeuge in Brand gesteckt. Auch in Derry wurden Polizisten mit Brandsätzen beworfen, woraufhin sie sich nach Polizeiangaben mit Plastikgeschossen zur Wehr setzen.

Vor allem in Belfast wird heute mit neuen Unruhen gerechnet, wenn Angehörige des Orange Order durch das katholische Wohngebiet Lower Ormeau marschieren wollen. Insgesamt hat die über 80.000 Mitglieder zählende Organisation in diesem Jahr zu Umzügen in 20 Städten und Gemeinden aufgerufen.