Prahlhans Althans spielt sich als Richter auf

■ Der Münchner Neonazi gab sich am zweiten Verhandlungstag alle Mühe, dem „Beruf Neonazi“-Regisseur Winfried Bonengel verfängliche Fragen zu stellen

Berlin (taz) – Die Frage, die der Vorsitzende Richter Hans-Jürgen Brüning dem Angeklagten stellt, ist präzise: „Waren sie jemals ein V-Mann, Herr Althans?“ Der Neonazi Bela Ewald Althans, der zur Zeit vor dem Landgericht Berlin wegen Volksverhetzung und Verbreitung von NS-Propaganda steht, nimmt es mit der Antwort wie mit dem Blümchenzupfen auf der Wiese: „Also, ich kann nur abweichend antworten, weil ihre Frage der Versuch ist, mich in die Defensive zu drängen.“ Dem Richter genügt das.

Bei diesem Prozeß steht nicht die Frage im Vordergrund, ob Althans tatsächlich jahrelang dem bayerischen Verfassungsschutz als Top-Quelle für die internationale rechte Szene gedient hat. Am zweiten Verhandlungstag ist für die Zweite Kammer am Landgericht Berlin die Frage entscheidend, ob Althans 1992 noch als Aktiver in der Szene das Zepter schwang, ob er verantwortlich zu machen ist für die Äußerungen in dem inkriminierten Dokumentarfilm „Beruf Neonazi“, den Regisseur Winfried Bonengel 1992 mit ihm drehte.

Die Begegnung mit Bonengel scheint Althans zu scheuen. Bevor der Zeuge aufgerufen werden kann, stellt er noch flugs den Antrag, ausführlich aus seinem Leben erzählen zu dürfen. Das aber hat er bereits am ersten Verhandlungstag getan. Richter Brüning lehnt den Antrag ab.

Mit weiten Schritten kommt Bonengel in den Saal, lächelt dem Gericht zu, vermeidet jeglichen Blickkontakt mit dem Angeklagten. Vom ersten Moment an liegt die Schroffheit zwischen den beiden Männern offen. Bonengel, 35, belastet Althans, 29. Alle Äußerungen in dem Film seien authentisch und nicht mittels Schnittechnik verfälscht worden.

Althans lacht hämisch. Er hatte das Gegenteil behauptet. Seinen Auftritt in Cottbus, wo er zeternd vor dem braunen Nachwuchs spricht, habe Bonengel bestellt, hatte er am ersten Prozeßtag gesagt. Falsch. Althans habe ohnehin dort reden sollen, er, Bonengel, habe die Szenen nur abgedreht. Ebenso wie in Auschwitz, wo Althans sagt, „das ist eine riesengroße Verarschung, die hier passiert“. Während der Dreharbeiten ist sich Bonengel sicher: „Ich hatte nicht den Eindruck, daß er raus wollte aus der Szene“.

Gegen Bonengel wurden alle Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Film inzwischen eingestellt. Das mag Althans tief getroffen haben. Seine Rache ist, Fragen zu stellen. Den Fehdehandschuh greift Bonengel nicht auf. Er guckt nur das Gericht an, Althans läßt er von hinten fragen. „Hab ich Ihnen nicht gesagt, daß ich mich eher als Streetworker in der Szene sehe?“ Der Regisseur bleibt unbeweglich. Fragen, mit denen Althans zeigen will, daß vielleicht zwischen den beiden auch so etwas wie Freundschaft gewesen ist, wiegelt Bonengel ab. „Kann mich nicht mehr genau erinnern.“ roga