Hurra, wir tanzen

■ "Mama!": Nach "Sarafina!" sind die Committed Artists aus Südafrika jetzt mit einer unprätentiösen Nabelschau unterwegs

„Engagement“ ist bei Künstlern ein doppeldeutiger Begriff. Viele haben es und haben es doch nicht – so oder so. Dankbarkeit und Selbstbewußtsein müssen daher gleichermaßen vorhanden sein, wenn sich eine Truppe stolz „Committed Artists“ nennt: „Engagierte Künstler“. Der Komponist und Regisseur Mbongeni Ngema gründete dieses Ensemble 1982 in Johannesburg, das Theaterausbildungsmonopol der Weißen in Südafrika durchbrechend und etliche junge (Laien-)Tänzer und Sänger aus den Homelands anziehend.

Mit „Sarafina!“ gelang dem 1955 geborenen Ngema 1987 ein Welterfolg. Dieses Befreiungs- Musical, das vom Kampf der Schüler gegen den Apartheidstaat erzählt, lief eineinhalb Jahre lang am Broadway und gastierte 1990 am Theater des Westens. Jetzt sind die „Committed Artists“ wieder hier.

Auch der neue Stücktitel schreibt sich mit Ausrufezeichen: „Mama!“, und tatsächlich scheint die Produktion von einer großen Mama beseelt zu sein, so unbekümmert und begeistert feiert die Truppe sich hiermit selbst – nach der politisch motivierten Arbeit ist jetzt die Zeit gekommen für eine kleine, unprätentiöse Nabelschau.

Auf der Bretterbühne in der Treptower Arena ist neben zwei roten Klettergerüsten und dem Podest für die Kombo ein großes schwarz-weißes Plakat das wichtigste Ausstattungsstück. „Committed Artists“ steht über lachenden Konterfeis. Die Künstler sind bei sich zu Haus und tragen T-Shirts mit den Titeln der letzten Produktionen: „Sarafina!“ und „Magic at 4“. Frei nach dem Broadway-Musical „Fame“ geht es um Glück und Leid von Musical-Schülern. Um Training und Doremifasoladido, um Liebe, Ehrgeiz und um Geld.

Mama spielt eigentlich nur eine Nebenrolle. Im eleganten Apricotgewand liefert sie ihre begabte Tochter Melody ab. Bruder Tony ist ein Mafiaboß, und weil er Melody vergöttert, sponsert er die Schule. Gleichzeitig versucht er, sie von ihren Bühnenträumen abzubringen, um sie zur Bankbesitzerin zu machen. Aber Music, nicht Money macht die Welt zum Wonnepool, drum bleibt sie, und er muß sterben – bei einem Überfall, zu dem er ihre Mitschüler mitnimmt, um ihnen Reality-Studien für ihr Gangstermusical zu ermöglichen.

Ngema hat das sportlich locker und ohne technische Effekte inszeniert. Die Chorus Line funktioniert perfekt, die Darsteller strahlen, Melody (Phindile Mkhize) singt wie Whitney Houston. Wenn (englisch) gesprochen wird, dann überdeutlich, chargierende Gesten erklären den Rest. Einfaches Volkstheater und professionelle Nummern. Auch die Komposition stammt von Ngema. Jazz-, Soul- Reggae- und sogar Ghospelrhythmen werden weich und eingängig verpoppt, keine Ohrwürmer, sondern Fit-and-Fun- Begleitmusik.

Zweieinhalb Stunden lang Hurra-wir-tanzen-und-singen bei Bruttemperaturen in der Arena- Halle zehren zwar etwas an der eigenen Konstitution, aber letztlich riß es das Publikum bei der Voraufführung doch von den Bänken. Was will man mehr. Petra Kohse

Bis 16.7., 20.30 Uhr, 15./16.7. auch 15.30 Uhr, Arena, Eichenstraße 4, Treptow