Zum Fressen gern

■ Das Rhönschaf, der Adonis unter den deutschen Schafrassen, hat jetzt sein eigenes Kochbuch bekommen

Dr. Thomas Plän vom Bund Naturschutz in Bayern hat sich Hals über Kopf in die „schöne Rhönerin“ verknallt. In einem „Merkblatt“ preist er ihre Rasse und Klasse in den schönsten Farben und höchsten Tönen: „Hochbeinig, schlichtwollig, hornlos, ganz in Weiß mit einem aparten, schwarzen, schmalen Nofretetekopf, unbewollt bis hinter die Ohren.“ Von dieser Hommage angelockt, ist in den letzten zwei Jahren die ganze meinungsführende Reisejournaille von FAZ/ WAZ/taz, FR und SZ und last, not least, der ZEIT in die Rhön gepilgert, um ihr die gebührende Aufwartung zu machen. Die „schöne Rhönerin“, vulgo das Rhönschaf, ist „der Adonis unter den deutschen Schafrassen“, fabuliert der Verliebte vom Bayern-BUND. – Früher soll es, weiß der echt Rhöner Junge Josef Kolb, mehr als 200.000 Rhönschafe in der Region gegeben haben. Ende der 50er Jahre erreichte laut BUND der Rhönschafbestand „mit nur noch 300 eingetragenen Herdbuchtieren ein aussterbeverdächtiges Minimum“. Jahrzehnte nicht auf den Weiden und Speisekarten gesehen, feiert das Rasseschaf jetzt seine fröhliche Wiederauferstehung. Die „Haustierrasse des Jahres 91“ ist von den Rhöner Ökotourismus-Strategen dazu auserkoren worden, die Mittelgebirgslandschaft bodenständig zu repräsentieren und sie als Leithammel in eine blühende touristische Landschaft zu verwandeln. 135.000 Hektar Rhön wurden 1991 von der Unesco zum Biosphärenreservat deklariert; das Dreiländergebiet Hessen, Thüringen und Bayern soll zu einer ökologischen Modellregion weiterentwickelt werden. Das Rhönschaf – widerstandsfähig, allwetterfest, genügsam – ist aus der bäuerlichen Kulturlandschaft der Rhön einfach nicht wegzudenken, einer Heckenlandschaft, die durch Basaltblockwälle und große Borstgrasvorkommen aufgelockert ist. – Die „schöne Rhönerin“ ist nicht nur äußerst fotogen auf ihrer saftig grünen Wiese und mit 3 bis 6 Kilo jährlich ganz ordentlich wollespendend, sondern auch ausgesprochen köstlich (Geschmacksnote: leichter Wildcharakter) in Kochtopf und Bratpfanne. Das Rhönschaf – ein dringender Fall für Wolfram Siebeck! Bettina Kempf (Küchenchefin „Zur Krone“) und Jürgen H. Krenzer (Geschäftsführer im elterlichen Gasthof „Zur Krone) haben das Terrain für den Kochpapst schon mal sondiert. Ihr lecker illustriertes Rhönschaf-Kochbuch mit bunten Lammrezepten sowie weiteren regionalen Schmankerln jenseits der Rhönschafküche schließt eine Marktlücke. Das Ganze ist wohldosiert garniert: ein kräftiger Schuß Anekdote und eine Prise Rhön-Weisheit, eine „Wanderung über die Hochrhön zum Rhönschäfer Kolb“, ein Exkurs zum „Biosphärenreservat“ und Infos und Adressen zum „Einkaufen auf dem Bauernhof“.

Im Projekt „Vom Bauernhof zum Gasthof“ arbeiten 50 landwirtschaftliche Betriebe und 20 Gasthöfe in der Rhön Hand in Hand, um soweit wie möglich regionale Spezialitäten und landestypische Getränke aufzutischen. Der lukullisch aufgeschlossene Tourist, des Jägerschnitzel-mit-Pommes- Einheitsbreis überdrüssig, ist auf den Geschmack gekommen und ordert verschärft aus der einfachen, deftigen und zugleich herzhaften Rhöner Küche. Und so steht auch wieder das attraktive Rhönschaf (Vegetarier jetzt mal zwei Zeilen überspringen!) – vor dem Schlachthof 72 bis 85 Zentimeter hoch und 60 bis 95 Kilo schwer – immer häufiger auf dem Küchenzettel. Wohl bekomm's! Günter Ermlich

Bettina Kempf, Jürgen H. Krenzer: „Dem Rhönschaf auf der Spur. Küche, Menschen und Landschaft der Rhön“. Verlag Parzeller Fulda, 28 DM