„Wir sind gegen Assimilation“

■ Der türkische Kaufmann Baki Kiper will eine neue Partei gründen und mit ihr das ziemlich ramponierte Image Ankaras aufpolieren

In Deutschland lebende Türken wollen sich in einer „Demokratischen Partei Deutschlands“ zusammenschließen. Wie das Mitglied des Gründungskomitees, der Kaufmann Baki Kiper, erklärt, soll die Partei am 29. Oktober in Berlin aus der Taufe gehoben werden. Darauf hätten sich am letzten Wochenende in Dortmund mehr als 500 Teilnehmer einer Gründungsversammlung verständigt. Die Gründung ist umstritten. Der Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir, befürchtet negative Folgen in der Debatte um die doppelte Staatsbürgerschaft. Der Sprecher der Föderation der türkischen ImmigantInnenvereine, Murat Çakir, sieht sogar eine kostenlose Munition für Rechtsradikale.

taz: Herr Kiper, würden alle Türken mit deutschem Paß ihre Partei unterstützen, käme sie gerade mal auf zwei Prozent der Wählerstimmen. Wozu der Aufwand?

Baki Kiper:Unsere Initiative ist langfristig angelegt. Mittelfristig wollen wir die Türken für eine Unterstützung gewinnen, langfristig wollen wir die Interessen aller Ausländer vertreten. Und dann werden wir bestimmt über die Fünfprozenthürde kommen.

Vorausgesetzt alle Ausländer erhalten das Wahlrecht in Deutschland. Für diese Forderung steht das Bündnis 90/Die Grünen und die SPD. Warum gehen Sie nicht in diese Parteien?

Wir sind der Überzeugung, daß diese Parteien nicht genug die Interessen der Minderheiten vertreten haben. Deshalb wollen wir unsere eigene Partei gründen.

Die linken Parteien stehen ihrem Begehren am nächsten. Trotzdem betrachten Sie sich als konservative Bewegung.

Wir sind eine Partei der Mitte. Gerade die Sozialdemokraten haben nicht allzuviel für die ausländischen Arbeitnehmer getan, und die vehementeste Kritik an der Türkei kommt von der SPD.

Ist das Verhältnis deutscher Parteien zur türkischen Regierung Ausgangspunkt Ihrer Einschätzung?

Ja, wir arbeiten dafür, daß die Türkei in Deutschland besser verstanden wird.

Die Türkei wird in Deutschland wegen ihrer Kurden- und Menschenrechtspolitik angegriffen.

Vieles wird mißverstanden ...

... die Intervention in Nordirak?

Wir sehen das nicht als Intervention an, sondern als ein legitimes Recht, als Schutz der eigenen Sicherheit.

Wie steht die türkische Botschaft zu Ihrer Initiative?

Ganz neutral. Sie hat sie zur Kenntnis genommen.

Ist die beabsichtigte Parteigründung nicht ein Akt der Selbstisolation?

Das sehen wir nicht so. Unser Ziel ist, daß die Türken, ohne ihre Identität verlieren zu müssen, das aktive und passive Wahlrecht erhalten. Sie sollen, wenn sie zehn Jahre hier gelebt haben, die ganzen Rechte bekommen, die auch die Einheimischen genießen. Über den Zeitraum kann man meinetwegen streiten.

Ist Ihr Ziel auch die kulturelle Integration?

Dagegen haben wir überhaupt nichts. Wir sind allerdings gegen eine Assimilation, wir sind dagegen, daß unsere Landsleute ihre Identität verlieren müssen, um hier leben zu können.

Wer steht hinter Ihrem Vorhaben?

Es ist eine Initiative von Einzelpersonen. Aber seit wir unsere ersten Versammlungen in Frankfurt und in Dortmund gemacht haben, bekommen wir täglich neue Mitglieder.

Bislang ist keine türkische Gemeinde und kein türkischer Verband bekannt, der Ihre Parteigründung unterstützt.

Es gibt zumindest keinen, der sie verhindern will.

Welche Partei steht Ihnen am nächsten?

Es gibt in der CDU sehr viele Abgeordnete, mit denen wir sehr gut zurechtkommen.

Es gibt auch schon Kontakte?

Ja, es gibt Kontakte.

Sie und die CDU eint, daß die Kritik am türkischen Staat bei den Christdemokraten nicht so ausgeprägt ist wie bei der SPD?

Das ist vollkommen richtig. Wobei wir es begrüßen würden, wenn sich die SPD der Sichtweise der CDU anschließen würde.

Erhalten Sie Unterstützung vom türkischen Staat?

Nein. Interview: Dieter Rulff