Abschiebeknast ist illegal

■ Verwaltungsgericht Greifswald sieht „keine Rechtsgrundlage“ für Abschiebehaft im Polizeigewahrsam / Umzug vom Ostertor ins Blockland

Ginge es nach einem Beschluß des Verwaltungsgerichts in Greifswald, dann müßte der Bremer Abschiebeknast geschlossen und alle dort einsitzenden Ausländer müßten sofort freigelassen werden. Ende vergangener Woche hatte das Verwaltungsgericht der Kreisstadt in Mecklenburg-Vorpommern im Einzelfall eines ägyptischen Asylbewerbers entschieden, daß für die Abschiebehaft im Rahmen eines Polizeigewahrsams „keine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Rechtsgrundlage ersichtlich“ sei (vgl. taz vom 18.7., Seite 5).

Dabei geht es zwar um die Berliner Abschiebehaft, doch der Greifswalder Beschluß ist auch auf Bremen zu übertragen. Denn im Unterschied zu den meisten anderen Bundesländern ist die Abschiebehaft in Berlin und Bremen ein Teil des Polizeigewahrsams und gehört damit nicht zu den normalen Justizvollzugsanstalten, für die ausreichende gesetzliche Regeln bestehen.

Michael Göbel, Staatsrat im Bremer Justizressort, verteidigt trotz des offensichtlichen Rechtsproblems die Bremer Regelung, nach der für die Abschiebehaft allein die Polizei zuständig ist: „Die Justizvollzugsanstalt ist keine adäquate Unterbringung für Leute, die sich nichts zu schulden haben kommen lassen.“ Für AusländerInnen, die abgeschoben werden sollen, sei eine „wohnheimmäßige Unterbringung“ angemessener als ein Knast. Angesichts des Greifswalder Beschlusses sei aber nun wohl ein Abschiebehaft-Gesetz erforderlich. Göbel: „Das sollte der Bund machen, denn 16 unterschiedlich Landesgesetze zu dieser Frage haben doch keinen Sinn.“

Das Rechtsproblem hatte auch schon das Bremer Landgericht erkannt, als es in einem Urteil vom 5. August 1994 die Zustände in der Abschiebehaft Ostertorwache ohne jeden juristischen Schnörkel als „menschenunwürdig“ bezeichnete. Im Unterschied zum Greifswalder Verwaltungsgericht sahen die Bremer Richter in der fehlenden Rechtsgrundlage allerdings keinen Grund, die Abschiebehaft gleich ganz aufzuheben. Dies wäre „nur vertretbar, wenn in Bremen ein Vollzug unter menschenwürdigen Bedingungen schlechthin ausgeschlossen wäre“, heißt es in ihrem Urteil, „dieses ist nicht der Fall.“

Im zuständigen Innenressort verweist Sprecherin Merve Pagenhardt auf das von ihrem neuen Chef Ralf Borttscheller (CDU) schon in den ersten Amtstagen durchgesetzte Vorhaben, die Abschiebehaft bis Ende des Jahres aus der Ostertorwache in ein freistehendes Gebäude der Jugendvollzugsanstalt im Blockland zu verlegen. Pagenhardt: „Der Umzug wird rund 300.000 Mark kosten und soll bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.“

Bis dahin muß das Gebäude im Blockland umgebaut werden. Bisher sind dort noch nicht einmal die Fenster der 18 rund sechs Quadratmeter großen Einzelzellen vergittert, denn hier waren früher Freigänger untergebracht. Außerdem soll mit einem hohen Drahtzaun ein „Spazierhof“ auf der Wiese vor dem Gebäude abgetrennt werden, um den Abschiebehäftlingen Zugang zu frischer Luft zu verschaffen.

Knast bleibt natürlich auch im Blockland Knast, trotzdem sind die Verhältnisse dort mit den Abschiebezellen in den finsteren Gewölben der Ostertorwache kaum zu vergleichen. Problematisch ist allerdings die Lage auf dem freien Feld, rund eineinhalb Kilometer von der nächsten ÖPNV-Haltestelle entfernt. „Dieses Kriterium haben wir bei der Entscheidung nicht berücksichtigt“, sagt die Innenressort-Sprecherin. Warum der Umzug in das seit rund eineinhalb Jahren leerstehende Gebäude dann nicht schon längst geschehen ist, kann sie auch nicht erklären.

Die Grünen hatten den Umzug ins Blockland bereits im April in der Bürgerschaft beantragt. SPD und CDU stimmten damals dagegen. „Wir begrüßen es, wenn der neue Innensenator tatsächlich die unerträglichen Bedingungen der Abschiebehaft verbessern will“, erklärte denn jetzt auch der innenpolitische Sprecher der grünen Fraktion, Martin Thomas. Neben dem reinen Umzug sei die Abschiebehaft jedoch auch noch beim Taschengeld, bei den Freizeitangeboten, der medizinischen Versorgung, den Besuchs- und Beratungsmöglichkeiten deutlich zu verbessern.

Das hatte Ende Juni auch der Bremische Anwaltsverein in einer ausführlichen Stellungnahme gegenüber dem Innensenator gefordert. Außerdem verlangen die AnwältInnen eine „räumliche Trennung der Abschiebehaftanstalt von Polizeigewahrsam, Untersuchungshaft und Strafhaft“, denn „auch für Ausländer, die sich in Abschiebungshaft befinden, gelten die Grundrechte“. Gemessen daran sei die „derzeitige Gesamtsituation“ in Bremen „unerträglich“. Und bleibt es auch nach dem Umzug, denn auch im Blockland sollen Abschiebehaft und Polizeigewahrsam nicht getrennt werden und liegen außerdem mitten im Knast. Ase