Druck auf Nigerias Militärregime

■ Internationale Proteste aus Washington, Bonn und Johannesburg nach dem Geheimprozeß und den Todesurteilen gegen angebliche Putschisten

Washington/Berlin (rtr/taz) – Die USA haben das nigerianische Militärregime aufgefordert, von der Vollstreckung der Todesurteile nach dem Geheimprozeß gegen 43 angebliche Putschisten abzusehen. In der vergangenen Woche hatte ein Militärgericht hochrangige Militärs, unter ihnen Ex- Präsident General Olusegun Obasanjo und seinen Stellvertreter Musa Yar Adua, zum Tode oder lebenslänglicher Haft verurteilt. Sie sollen am 10. März einen Staatsstreich gegen das Regime von General Sani Abacha geplant haben. Bundesaußenminister Klaus Kinkel forderte die Überprüfung der Urteile und rief die Militärs in Nigeria dazu auf, rechtsstaatliche Prinzipien anzuwenden. „Die jetzigen Urteile wurden nach einem geheimen Prozeß gesprochen. Der Öffentlichkeit liegt keinerlei Beweis für die Schuld der Angeklagten vor“, erklärte er. Auch der südafrikanische Präsident Nelson Mandela zeigte sich besorgt über die jüngste Entwicklung. In einer von seinem Büro veröffentlichten Erklärung heißt es, Mandela bitte um Milde für die Verurteilten und unterstütze weiter alle friedlichen Bemühungen zur Bewältigung der nigerianischen Probleme. Um Gnade für die Verurteilten bat auch der Papst.

Appelle allein werden die Militärjunta wahrscheinlich nicht beeindrucken: So setzt sich nach einem Bericht der Financial Times die amerikanische Lobbygruppe TransAfrika bei der US-Regierung für ein Ölembargo gegen Nigeria ein.

Abhängig vom Ölexport

Die Organisation hatte in der Vergangenheit bei den US-Sanktionen gegen Südafrika eine führende Rolle gespielt. Da Nigerias Exporte zu 90 Prozent vom Erdöl abhängen, könnten Sanktionen das Regime empfindlich treffen. Als wichtigster Handelspartner könnten die USA dabei eine entscheidende Rolle spielen: Rund 45 Prozent der nigerianischen Ausfuhren gehen in die Vereinigten Staaten. Daß sich der Sicherheitsrat auf Sanktionen einläßt, ist nach den Todesurteilen nicht völlig auszuschließen.

Der jetzt zu lebenslänglich verurteilte General und frühere Staatspräsident Olusegun Abasanju hatte 1979 als erster Militär in der nigerianischen Geschichte einen friedlichen Machtwechsel zu einer zivilen Regierung eingeleitet. Sein Stellvertreter, General Yar Adua, wurde zum Tode verurteilt. Weder über den Prozeßverlauf noch über die Umstände ihrer Verhaftung wurde bisher näheres bekannt. Beide waren an der Diskussion über die Demokratisierung Nigerias im Rahmen einer Verfassungskonferenz beteiligt: Als hochrangige Militärs hatte ihre prodemokratische Haltung gegenüber den Generälen ein erhebliches Gewicht.

Das Militärregime unter General Babangida hatte schon 1993 keinerlei Anstalten gemacht, seine Herrschaft an eine Zivilregierung abzutreten. Damals weigerte es sich, den Wahlsieg von Oppositionsführer Moshood Abiola anzuerkennen. Abiola sitzt seit einem Jahr in Haft, eine breite Protestbewegung in der Bevölkerung sowie internationale Proteste konnten das Militärregime bisher nicht umstimmen. Daß die von den Militärs eingesetzte Verfassungskonferenz im Frühjahr keinen Termin für eine Machtübergabe und Neuwahlen festlegte, versteht das Regime wahrscheinlich als Freibrief für unbegrenzte Herrschaft. ds