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Kein Platz für Helden

■ Copa America: Uruguay erreichte durch ein 2:0 gegen Kolumbien das Finale und zeigt sich wenig traditionsbewußt

Berlin (taz) – Sechsmal hat Uruguay die Südamerika-Meisterschaft ausgerichtet und jedes Mal blieb die „Copa America“ in dem kleinen Land am Rio de la Plata. Die Chancen, daß dies auch beim siebten Mal der Fall sein wird, stehen nicht schlecht. Mit 2:0 bezwangen die Gastgeber im Halbfinale das Team aus Kolumbien und treffen nun am Sonntag auf den Sieger der Partie Brasilien–USA.

Die Veranstalter hoffen, daß das Centenario-Stadion in Montevideo dann endlich ausverkauft sein wird. Mit Eintrittspreisen von 35 Dollar aufwärts wurde die traditionell fußballverrückte Bevölkerung bislang erfolgreich abgeschreckt, gegen Kolumbien verloren sich 28.000 Menschen in der WM-Arena von 1930, die 75.000 Zuschauer faßt. Nicht im Stadion waren auch die WM-Helden von 1950 wie Schiaffino oder Ghiggia, damals im Endspiel Schütze des Siegtores gegen Brasilien, denen der Zutritt zur Ehrentribüne verwehrt wurde, was erheblichen Unmut in Montevideo auslöste.

Aber vielleicht schämte man sich ja bloß, vor den Augen der Altmeister anzutreten, denn den Glanz vergangener Zeiten vermochten die Uruguayer bisher nicht zu verbreiten. Wie so oft sieht sich die Mannschaft dem Vorwurf ausgesetzt, defensiv und brutal zu spielen. „Wir gewinnen keine Spiele, indem wir Gegnern in die Hoden greifen oder ihnen in die Augen pieksen“, wehrt sich Coach Hector Nuñez gereizt.

In Argentinien hadert man derweil noch mit dem Ausscheiden im Viertelfinale gegen Brasilien und vor allem mit dem brasilianischen 2:2-Ausgleich, den Tulio per Hand erzielte. „Ein monumentaler Diebstahl“, wetterte Staatspräsident Menem, während Diego Maradona auf Vergleiche mit seiner „Hand Gottes“ bei der WM 1986 gegen England unwirsch reagierte. „Sind wir alle Polizisten?“ entgegnete er neugierigen Journalisten.

Noch unwirscher reagiert Maradona, der sein Comeback bei den Boca Juniors im September vorbereitet, wenn er auf den Nationalcoach, seinen alten Feind Daniel Passarella, angesprochen wird. Dieser hat sich durch seinen militärischen Stil viele Feinde gemacht. Zuerst verordnete der den Spielern einen Kurzhaarschnitt, was Claudio Caniggia zum Verzicht auf das Nationalteam bewegte, und kürzlich sorgte er mit seiner Aussage, daß er niemals einen homosexuellen Spieler berufen würde, für Aufsehen. „Er hat eine Mentalität aus der Steinzeit“, bescheinigte ihm Maradona und meinte, daß er unter Passarella gewiß nicht mehr für Argentinien spielen werde. „Unsere Beziehung ist nicht zu retten“, meinte er, „außerdem bin ich zwar nicht schwul, aber ich trage einen Ohrring.“

Dafür würde er Passarella, der schon bei der 0:3-Niederlage im Gruppenspiel gegen die USA mit „Maradona, Maradona“-Sprechchören geärgert wurde, vermutlich gern als Nationaltrainer beerben. Ein bißchen müssen sich Diegos Fans allerdings noch gedulden, denn gerade hat dieser verkündet: „Ich werde spielen, bis ich 45 bin.“ Matti

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