„Erwandere Italien“ auf die sanfte Art!

■ 6.000 Kilometer per pedes entlang dem Fernwanderweg „Sentiero Italia“

Wann wird man schon zu einem 6.000-Kilometer-Fußmarsch eingeladen? Seit einigen Monaten macht dies die Initiativgruppe der „Camminaitalia“, die zu Fuß durch ganz Italien unterwegs ist. „Camminaitalia“ heißt soviel wie „Erwandere Italien!“ Der Imperativ, sagt Teresio Valsesia, Mitinitiator und italienischer Alpenvereins- Vize, solle nicht als harte Aufforderung, sondern als „sanfte Einladung zum Mit- und Nachgehen“ verstanden werden. Am 12. Februar ist die sechs Mann starke Stammgruppe in Santa Teresa di Gallura an der Nordspitze Sardiniens gestartet. Zwei Drittel des längsten europäischen Fernwanderwegs „Sentiero Italia“, etwa 4.000 Kilometer, hat sie inzwischen bewältigt. Dabei wird sie stets von einer lokalen Gruppe von MitwanderInnen begleitet, gelegentlich von den zuständigen Alpenvereinssektionen geführt. Von den Cottischen Alpen in der Region Piemont führt der Weg weiter über den gesamten Alpenbogen über die Lombardei, das Trentino, Südtirol, Venetien bis nach Triest. Dort werden die Langzeitwanderer am 6. Oktober erwartet.

Weil das Buch zur „Camminaitalia“ noch vor Weihnachten auf dem Ladentisch liegen soll, hat sich die Gruppe für einige Teilstücke geteilt, um so Zeit zu sparen. Während die Gruppe um Riccardo Canovalini, den Präsidenten der Associazione „Sentiero Italia“, zur Zeit den Gebirgsweg „Alta Via Valle d'Aosta“ durchläuft, bewegt sich die Gruppe um Valsesia im touristischen Niemandsland der „Grande Traversata delle Alpi“ (GTA) südlich des Gran-Paradiso- Massivs.

„Das genau ist das Ziel der Camminaitalia: Sie soll nicht nur die Einheit des großen Landes demonstrieren, sondern auch das andere, das vergessene Italien bekannt machen“, erklärt Valsesia die Streckenführung. „Berggebiete sind in Italien bis auf wenige Ausnahmen wirtschaftlich und politisch abgehängte Gebiete, trotz oder gerade wegen der Berggebietspolitik aus Rom.“ Daß es hier endlich einer größeren öffentlichen Zuwendung bedürfe und die „Philosophie“ der achtmonatigen Unternehmung richtig sei, habe man in Süditalien gemerkt. Selbst in den von der Mafia kontrollierten Gebieten sei man ungeahnt herzlich empfangen und begleitet worden – und das, obwohl dort kaum jemand etwas mit dem Wort „camminare“ (wandern) anfangen kann. In Kalabrien, auf Sizilien und Sardinien wurden die Wanderer gelegentlich sogar gefragt, wo sie denn ihre Gewehre hätten – die „Alpinisti“ wurden für „Alpini“ (Gebirgssoldaten der italienischen Armee) gehalten.

Für Valsesia bedeutet der Probelauf auf dem „Sentiero Italia“ nicht nur, eine touristische Einrichtung einzuweihen. Die Durchquerung Italiens per pedes habe auch immer ein „didaktisches Moment“ und folge einer eigenen „Logik“: Indem man eine Gegend mit ihrer Natur, ihren Menschen und ihrer Kultur gemächlichen Schrittes kennenlerne, lerne man sie lieben und wolle sie deshalb schützen. „Apprezzare per proteggere! (schätzen, um zu schützen) heißt Valsesias Botschaft in Kurzform, 2.000 Kilometer vor dem Ziel. Gerhard Fitzthum

Nähere Informationen zum Fernwanderweg „Sentiero Italia“ beim Archiv für Langstreckenwanderer, 26121 Oldenburg, Oederstraße 23, gegen einen mit 3 Mark frankierten und adressierten Rückumschlag