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Mehrheit für Koalition

■ Opposition bei Parlamentswahlen in Japan erfolgreich / Geringe Beteiligung

Tokio (taz) – Japans erste Parlamentswahl seit dem Ende der liberaldemokratischen Ära fand gestern weder Gewinner noch Verlierer. Zwar konnten die drei Parteien der Regierungskoalition zusammen eine Mehrheit der ausstehenden Sitze im Oberhaus gewinnen. Doch die größten Stimmengewinne verbuchte die führende Oppositionspartei, die erst vor sieben Monaten gegründete Neue Fortschrittspartei (NFP).

Nach Bekanntwerden der Wahlergebnisse richteten sich am Sonntag abend alle Blicke auf Premierminister Tomiichi Murayama: Seine Sozialdemokraten hatten unter den Regierungsparteien deutlich am schlechtesten abgeschnitten und von den bislang 41 Oberhausmandaten der Partei, die zur Wahl standen, bis Redaktionsschluß nur 15 zurückgewinnen können. Murayama selbst hatte das Wahlziel seiner Partei mit 22 Sitzen angegeben. Doch wahrscheinlich wird Murayama sein Amt vorerst behalten, weil der große Koalitionspartner, die Liberaldemokratische Partei (LDP), es derzeit so will.

Die LDP kann mit ihrem Ergebnis sogar zufrieden sein: Sie ist nach wie vor die stärkste Partei im Land. Gleichzeitig aber muß ihr das überraschend schnelle Erstarken der Opposition Sorgen bereiten: Die NFP hat sich am Sonntag erstmals bei Wahlen als glaubwürdige Opposition erwiesen. Bei den Zweitstimmen gewann die NFP 4,6 Millionen Stimmen, nur 100.000 weniger als die LDP.

Wie offen die japanische Parteienlandschaft derzeit noch ist, machte vor allem die historisch niedrigste Wahlbeteiligung aller Zeiten bei einer Parlamentswahl von rund 43 Prozent deutlich. Doch ein Drittel aller parteiungebundenen Wähler entschieden sich diesmal für die NFP. Deren Generalsekretär Ichiro Ozawa war denn auch am Sonntag abend der einzige, der lachen konnte: „Die Reformen, die wir fordern, werden von den Wählern nach und nach verstanden. Die niedrige Wahlbeteiligung erklärt freilich, daß die Politik insgesamt die Erwartungen der Bürger noch nicht erfüllt.“ Georg Blume

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