: „Butjadingen soll geopfert werden“
■ Kapitän eines Touristen-Dampfers bestärkt Naturschützer gegen Außenweser-Vertiefung
Elmar Hüttenmeister ist Kapitän auf einem Touristendampfer in Fedderwardersiel. „Butjadingen soll geopfert werden“, empört er sich. Nachdem er die Antragsunterlagen zum Außenweserausbau gelesen hat, fürchtet er um seine Existenz: Wenn die Fahrrinne in der Wesermündung um zweieinhalb Meter vertieft wird, verschlicken die Priele vor dem Land zwischen Weser und Jade. Und wenn Badegäste im Schlick steckenbleiben, kommen sie bald gar nicht mehr. Auch nicht, um mit Hüttenmeisters Fahrgastschiff von Fedderwardersiel in Richtung Seehundbänke in See zu stechen. Wenn es die dann überhaupt noch gibt.
In ihrer Kritik an den Plänen des Wasser- und Schiffahrtsamtes Bremerhaven ziehen Tourismusbranche und Naturschutz inzwischen an einem Strang. Die Sturmfluten werden gefährlicher, Salzwasser fließt in die Marschgräben und die Ufer sacken ab, so beschreibt Dr. Heinz Klöser, Meeresforscher und Vorsitzender des BUND Unterweser, die Konsequenzen der Weserausbaggerung. Das wirkt sich auf Flora und Fauna ebenso aus wie auf Landwirtschaft, Tourismus und Küstenfischerei, die drei wirtschaftlichen Standbeine der Küstenregion.
Und wo sollen die Vorteile der Fahrrinnenvertiefung liegen? Auch dafür ist der ehemalige Tankerkapitän Hüttenmeister kritischer Fachmann: „Nur die riesengroßen Post-pan-max-Containerschiffe brauchen bei voller Beladung eine tiefere Fahrrinne. Das sind Saurierschiffe, und Saurier sind zum Sterben verurteilt, wie jeder weiß.“ Schon jetzt können in Bremerhaven tidenunabhängig Schiffe mit 10,80 Meter Tiefgang einlaufen. Nur zwanzig Schiffe pro Jahr kommen damit nicht aus. Die Entwicklung gehe aber dahin, daß die großen Containerschiffe aus Singapur und Hongkong nicht Bremerhaven, sondern Rotterdam anfahren. Die Ware werde von dort in kleineren, schnellen Schiffen in die anderen Nordseehäfen, also auch nach Bremerhaven gebracht. „Rotterdam ist sowieso nicht zu schlagen, und für die Verteilerschiffe reicht die Tiefe der Fahrrinne vollkommen aus“, sagt Kapitän Hüttenmeister. Die Konkurrenz zwischen Hamburg und Bremen sei wohl der Hauptgrund für die Pläne der Behörde.
Für Martin Rode, den Vorsitzenden des BUND Bremen, ist der wirtschaftliche Nutzen der Außenweser-Vertiefung also fraglich, besonders wenn man die Einbußen in Landwirtschaft und Tourismus und die absehbaren Sackungsschäden an Häusern in Ufernähe mitrechnet. Die Gemeinden Butjadingen und Wursten haben bereits ein Gegengutachten zu den Antragsunterlagen des Wasser- und Schiffahrtsamtes in Auftrag gegeben, um den Abbruch des Genehmigungsverfahrens notfalls gerichtlich fordern zu können. kaba
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