Bodenspekulation am Mittelmeer

■ Die verheerenden Waldbrände in den südeuropäischen Ländern sind meistens absichtlich gelegt worden. Feuerwehren und Polizei sind machtlos, Tausende von Hektar Forst- und Ackerland werden zerstört

Lissabon (taz/dpa) – „Portugal brennt“, titelte gestern die Lissabonner Zeitung Diário de Noticias. Denn im ganzen Land, von der Umgebung der nordportugiesischen Stadt Viana de Castelo bis zur Gegend um Faro an der Algarve-Küste, wüten Waldbrände. Das Koordinationszentrum der Feuerwehr registrierte mehr als 30 Brandherde. 1.200 Feuerwehrleute sowie Soldaten bekämpfen die Flammen. Begünstigt werden die Brände durch die extreme Trockenheit bei Temperaturen von bis zu 45 Grad. Tausende Hektar Wald sind bereits vernichtet, die ökologischen Schäden unübersehbar. In der Mehrzahl der Fälle gehen die Behörden von Brandstiftung aus.

In Faro entgingen die Radaranlagen des dortigen Flughafens nur knapp den Flammen, wie der Rundfunksender TSF berichtete. In Monchique und Aljezur in der Algarve-Provinz, wo die Brände zeitweise außer Kontrolle gerieten, brannten einige Häuser ab. In Monchique brach das gesamte Telefonnetz zusammen. Der Bürgermeister des Städtchens beklagte, daß keine Löschflugzeuge und -hubschrauber zur Verfügung stehen. Obwohl Portugal jeden Sommer von Waldbränden geplagt wird, verfügt die Feuerwehr nicht über eine ausreichende Menge an Löschgerät.

Der Bürgermeister der Universitätsstadt Coimbra, deren Wälder ebenfalls in Flammen stehen, forderte „endlich professionelle Hilfsmittel für die Feuerwehr, damit die Waldbrände rechtzeitig bekämpft werden können“. Die Autobahn von Lissabon nach Porto ist bei Coimbra seit Montag gesperrt, weil auch dort der Wald brennt. Das Lissabonner Innenministerium verwies auf die Verantwortung der Forstwarte für das rechtzeitige Erkennen von Waldbränden. Doch die wollen am 15. August in den Streik treten. Sie verlangen eine Erhöhung ihrer Löhne, denn derzeit verdienen sie nur umgerechnet 790 Mark monatlich.

Auf der Kanaren-Insel Teneriffa weitet sich der Waldbrand dieses Jahres immer mehr zu einer Umweltkatastrophe aus. Bis gestern hatten die Flammen in den Bergen von La Esperanza zwei Prozent des Waldbestands der Insel vernichtet. Im Einsatz waren mehr als 1.000 Feuerwehrleute, Waldhüter und freiwillige Helfer sowie 300 Soldaten. Sie wurden von zwei Löschflugzeugen und einem Löschhubschrauber unterstützt. Die Behörden sind weiterhin überzeugt, daß der Brand vorsätzlich gelegt wurde. Bei der Jagd nach einem Verdächtigen, der an anderer Stelle zündelte, stürzte ein Polizeihubschrauber ab.

Auch auf dem spanischen Festland brannte es weiter. Wegen eines durch Blitze ausgelösten Feuers in den Bergen 50 Kilometer nördlich von Madrid mußten 20 Wochenendhäuser geräumt werden. Noch ist in Spanien der Schaden geringer als 1994. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums wurden bisher 67.645 Hektar bewachsene Fläche ein Raub der Flammen, davon ein Drittel Wald. Das ist ein Viertel der im gleichen Zeitraum 1994 zerstörten Fläche.

Nach einer Untersuchung der Gewerkschaft „Arbeiterkommissionen“ (CCOO) entstehen 96 Prozent der Feuer durch Menschenhand und vier Prozent durch Blitze oder Funken defekter Stromleitungen. Das Landwirtschaftsministerium schätzt hingegen, daß 75 Prozent der Brände Fahrlässigkeit zuzuschreiben sind. An 18 Prozent seien Brandstifter schuld. Theo Pischke