Deutsche Verhinderer ins Abseits manipuliert

■ In Madrid fordern immer mehr Länder ein Protokoll über biologische Sicherheit

Berlin (taz) – Deutschland und die USA kämpfen Seit' an Seit' gegen ein internationales Protokoll, das den Export von genmanipulierten Organismen beschränkt. In Madrid bereiten PolitikerInnen und WissenschaftlerInnen seit drei Tagen die internationale Konferenz über biologische Vielfalt vor, die im Herbst in Indonesien stattfinden wird. Dort soll die bisher nur sehr schwammig gefaßte Vereinbarung über „biologische Sicherheit“ konkretisiert werden.

Während eine Mehrheit der Vertragsstaaten aus Afrika und Asien, aber auch EU-Länder wie Österreich, Spanien und Skandinavien für einen verbindlichen Völkervertrag plädieren, versucht die deutsche Delegation, eben dies zu verhindern. „Deutschland hat in seiner Stellungnahme selbst die USA in ihrer ablehnenden Haltung in den Schatten gestellt und nimmt innerhalb der Völkergemeinschaft eine absolute Außenseiterrolle ein“, urteilt die bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Marina Steindor, die das Geschehen in der spanischen Hauptstadt beobachtet.

Die Bundesregierung begründet ihre Haltung offiziell mit der Angst vor einer Überbürokratisierung. Sie schlägt deshalb vor, daß die Länder, in denen Freisetzungsversuche stattfinden sollen, eine Abschätzung der Gefahren vornehmen. „Und das, obwohl die Entwicklungsländer klar und deutlich sagen, daß sie für solche Risikoabschätzung keine Kapazitäten haben“, empört sich Jesper Grolin von Greenpeace.

Viele Dritt-Welt-Länder fordern hingegen, daß die Industrienationen, die ihren Konzernen den Export von genmanipulierten Organismen erlauben, für schiefgegangene Experimente haften. Kommen Menschen oder die Umwelt beispielsweise durch einen Freisetzungsversuch zu Schaden, so verlangen sie Ausgleichszahlungen dafür. Genau dies soll in einem verbindlichen Vertrag geregelt werden, lautet ihr Votum.

Die Position der Bundesregierung verschlechterte sich in den letzten Wochen deutlich. Hatte sich ihre Verhinderungstaktik beim letzten Vorbereitungstreffen in Kairo zur Enttäuschung vieler UmweltschützerInnen noch voll niedergeschlagen, so stehen ihr jetzt nicht nur die Mehrheit der Vertragsstaaten entgegen. Auch das EU-Parlament hat vorletzte Woche ein deutliches Zeichen gesetzt: Es fordert ein Freisetzungsverbot von genmanipulierten Organismen in Ländern ohne Biotec- Gesetze. Bis ein internationaler Vertrag unterschrieben ist, wollen die Euro-Abgeordneten ein striktes Exportmoratorium – damit jede Verzögerungstaktik auf internationaler Ebene nichts nützt. Annette Jensen