Amanda Lear beschützen wäre das größte

■ Schwuler Sicherheitsdienst „Gay Security“ setzt zur Konfliktregelung auf Gespräche statt auf Gewalt / Die Deeskalationsstrategie ist allerdings nicht immer erfolgreich

Der eine nennt sich „Chief“, der andere „Workmanager“. Gemeinsam stellen sie die „Gay Security“. Das klingt nach breitschultrigen Mackern, die in der Sub unerwünschte Personen vor die Tür setzen. Doch weder „Chief“ Peter, der eigentlich Jugenderzieher ist, noch „Workmanager“ beziehungsweise Informatikstudent Ronny sind übermäßig muskulös. Und als Türsteher wollen sie auch nicht unbedingt arbeiten. Ihre Vorstellungen von Sicherheitsdienst haben mit den landläufigen Klischees wenig gemein.

„Wir wollen bei schwulen Veranstaltungen und Straßenfesten im Kontakt mit den Besuchern stehen. Vieles läßt sich im Gespräch klären, wenn nur Verständnis füreinander da ist“, glaubt Peter. Bei der lesbisch-schwulen Fußballweltmeisterschaft vor einigen Wochen in Berlin hat er mit dem „Gay Security“ erste Erfahrungen gesammelt. Die acht Mitarbeiter waren für organisatorische Angelegenheiten wie Presseausweise und Eintrittskarten, aber auch für die Sicherheit der Kassen und der eingeladenen Künstler zuständig. Die Resonanz für diese andere Art von Sicherheitsdienst war größtenteils positiv.

Alle Probleme ließen sich mit dem sanften Sicherheitskonzept allerdings nicht lösen, gestehen Peter und Ronny. Als auf der Abschlußveranstaltung der Fußball-WM im SO 36 einige Heteros in den Frauenraum eindrangen, konnten die Security-Mitarbeiter dem wenig entgegensetzen. „Einer unser Mitarbeiter wurde dann angegriffen, da haben wir die Polizei gerufen“, erzählt Peter. „Aber zumindest haben wir es geschafft, die durch Reden aus den Räumen rauszubekommen“, verteidigt er das Konzept.

In Schulungen soll den Mitarbeitern vor allem beigebracht werden, sich und das Publikum durch Mimik, Gestik und Sprache zu schützen. „Nur als letzte Maßnahme sollen einige Handgriffe erlernt werden“, meint Peter. Besonders wichtig ist ihm deshalb, daß sich Frauen an der Arbeit beteiligen, „weil die psychologisch sehr einfühlsam sind“.

Auch die Kleidung der Securitys soll das Deeskalationskonzept repräsentieren. „Wir werden weiße oder graue T-Shirts tragen. Auf jeden Fall keine schwarzen, das wirkt zu aggressiv“, erklärt der „Chief“.

Soweit ist es zwar noch nicht. Bislang ist die dringendste Aufgabe die Sponsorensuche, um zumindest die Grundausstattung aus T-Shirts, Funkgeräten und Handys finanzieren zu können. Ronny und Peter träumen aber davon, mit „Gay Security“ mittelfristig ein florierendes Wirtschaftsunternehmen auf die Beine zu stellen. Festangestellte Sicherheitskräfte sollen dann durch Aushilfskräfte, die nur bei Bedarf angefordert werden, unterstützt werden.

Vielleicht wird sich dann auch ein Aufgabenfeld verwirklichen lassen, von dem die Security-Planer jetzt schon träumen: der Personenschutz für Promis. Dabei steht natürlich ebenfalls das Reden im Vordergrund, und seine Favoritin hat Peter schon ausgemacht: „Ich hätte wahnsinnig gerne den Schutz für Amanda Lear beim lesbisch- schwulen Straßenfest organisiert.“ Gesa Schulz

Kontakt über Tel.: 342 09 43