■ Militante Kurden und das Zündeln im Blätterwald
: Legal, illegal, scheißegal

Was unterscheidet einen Stammtisch von einer Zeitungsredaktion? Manchmal eben nur das eine: Die einen tun's nach Feierabend, die anderen werden dafür bezahlt – mal so richtig die Sau rauslassen, endlich sagen, daß man die Schnauze voll hat von diesem Ausländergesocks, das in Strömen, auf unsere Kosten und und und. Schluß mit Humanitätsduselei, Verfassung, Menschenrechten – legal, illegal, scheißegal. So zündelt's sich am besten im deutschen Blätterwald.

„Asyl für wen?“ fragt jetzt das intellektuelle Hausblatt für den Weltgeist made in Deutschland Ost, die Wochenpost. Ein Blinder, der nicht die Antwort sieht: auf der Titelseite flammenwerfende junge Kurden gegen alte, abgehärmte bosnische Kriegsflüchtlinge. Wochenpost-Preisfrage: „Wem würden Sie Asyl geben?“ Beim Umblättern dann der Leitartikel samt Karikatur: Orientalisch bepackte Gestalten schlüpfen in das trojanische Pferd names Asyl, um – schwuppdiwupp! – als schwerstbewaffnete Terroristen wieder herauszustürmen.

Hand aufs Herz: Asyl für die? Bingo! Wer jetzt noch falsch tippt, muß zur Strafe den Leitartikel von Chefredakteur Mathias Döpfner lesen. „Ein Plädoyer für die Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen“ und für die rasche Abschiebung „brandschatzender Kurden“, diesem „Typus von Asylanten“, mit denen die Bundesrepublik so „überraschend verständnisvoll“ umgeht. Was schert es da, daß Bürgerkriegskriegsflüchtlinge gar keine „Asylanten“ sind, was kümmert's, daß auch die „brandschatzenden Kurden“ vielleicht keine „Asylanten“ sondern seit Jahren in Deutschland lebende Familienväter sind? In der deutschen Aufnahmefähigkeit, deren wahre Größe nur Wochenpost-Chef Döpfner kennt, nimmt die eine Gruppe (die mit den Benzinkanistern) der anderen (der mit den paar Habseligkeiten) den Platz weg.

Am selben Tag zieht auch die FAZ die Titelseite in besorgte Falten: Wahre Ursache der jetzigen Misere sei, daß man einst „massenweise Türken ins Land ließ“. Den Umkehrschluß kann sich jeder selbst denken. Daß das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit auch für Straftäter gilt, daß sowohl das Ausländerrecht als auch die Genfer Flüchtlingskonvention Abschiebungen verbietet, wenn Folter und politische Verfolgung drohen, daß es schließlich auch in Deutschland Gerichte und Gefängnisse gibt, was soll‘s. Unter soviel medialem Flankenschutz kann die CSU Versammlungs- und Demonstrationsrecht nur noch für Deutsche fordern. Bravo! Zur Abschaffung weiterer Grundrechte für Ausländer ist es dann nicht mehr weit. So schafft mancher Kurde einen Verfassungsfeind. Vera Gaserow