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Geschäftsschädigende Kiezküche?

■ Kiezkantine soll keine ABM-Verlängerung erhalten / Gaststätteninnung Prenzlauer Berg befürchtet Konkurrenz

Wenn es ums Geschäft geht, hört das Verständnis fürs Soziale offenbar auf. Die Kiezkantine in der Oderberger Straße jedenfalls ist vom Aus bedroht, weil die Gaststätteninnung in Prenzlauer Berg beim zuständigen ABM-Ausschuß interveniert hat. Die Folge: Die zum Juli ausgelaufenen ABM- Stellen wurden nicht verlängert, eine endgültige Entscheidung auf den 23. August verschoben.

Seit zwei Jahren gibt es die Kiezkantine im Selbsthilfehaus Oderberger Straße 50. Beschäftigt sind 21 MitarbeiterInnen, 17 davon Frauen, die meisten bereits über 50 Jahre alt und auf dem Arbeitsmarkt nur noch schwer vermittelbar. Im Kiez dagegen wurde die Lokalität schnell angenommen. Über 200 Essen werden täglich zubereitet. Schlechtverdiener (bis 1.000 Mark) zahlen drei, Normalverdiener fünf Mark.

Zuwenig und kaum zu kontrollieren, sagen die Kritiker. „Wir haben die Einkommen geprüft und 400 Berechtigungsausweise für das billige Essen ausgegeben“, betont dagegen der Betreiberverein. Eine reine Suppenküche, wie vom Arbeitsamt vorgeschlagen, soll aus der Kiezkantine nicht werden. „Unser Anliegen ist, daß auch Besserverdienende hier essen können und damit das Essen für die anderen mit subventionieren“, sagt Peter Weber, einer der Betreiber.

Daß die Kiezkantine für die umliegenden Cafés und Kneipen eine Konkurrenz ist, glaubt Weber nicht. In der Tat haben sich auf Initiative des Cafés „EntwederOder“ mittlerweile 12 Gastronomen in der Oderberger Straße und der Kastanienallee mit der Kantine solidarisiert und fordern – wie auch 200 Anwohner und Gäste – den ABM-Ausschuß auf, das Projekt zu verlängern.

Während der Wirtschaftsstadtrat des Bezirks, Robert Scholz (PDS), sich bereit erklärt hat, in Sachen Kiezkantine zu vermitteln, legen die Kiezbewohner erst mal selbst Hand an. Bis zur endgültigen Entscheidung erhalten sie mit einem Frühstücksbuffet den Notbetrieb aufrecht. Uwe Rada

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