■ Monika Maron ist kein „Stasi-Fall“ wie viele andere
: Glashaus-Phrasen

Die Freunde des behaglichen Lebens pflegen zu sagen: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Monika Maron aber hat es in Glashäusern nie gefallen, und deshalb hat sie auch mit Steinen geworfen, wann immer ihr danach war. Jetzt sitzt sie, um im Bild zu bleiben, in den Scherben.

Monika Maron, die ihren Landsleuten im Osten nach der Wende ihre Duckmäuserei vorgehalten hatte, hat in den siebziger Jahren für eine kurze Zeit mit der Stasi zusammengearbeitet, einer Institution, die dafür zuständig war, Duckmäuserei notfalls mittels Psychoterror oder Gewaltanwendung aufrechtzuerhalten. Das sollte doch wohl hinreichen, Marons publizistische Vorstöße rückwirkend zu diskreditieren – so sehen es jedenfalls einige Kommentatoren, die mit gepreßt-moralischem Tremolo ihre Glashaus- Phrasen unters Volk bringen.

Monika Maron war von Oktober 1976 bis Mai 1978 für das MfS tätig. Allein: Sie scheint, nach ihren bislang bekannten Stasi-Berichten zu urteilen, nicht so leicht des Konformismus überführt werden zu können. Ihr Bericht aus West-Berlin etwa zeugt ohne Verbiegungen von ihrer Faszination durch Warenwelt und wimmelnde Subkulturen, die der „vom Untergang gezeichnete Imperialismus lächelnd zur Kenntnis nimmt“. Solche uneingeschüchterte Ironie konnten selbst Stasi-Leute nicht übersehen. In einem Bericht über einen Empfang in der BRD-Vertretung schreibt sie, sie werde die Namen der anwesenden DDR-Bürger nicht nennen, da sie sich einigen von ihnen politisch verbunden fühle. Die Praxis der Bespitzelung sei im übrigen nicht mit ihrem „kommunistischen Menschenbild“ zu vereinbaren. Gut gegeben! Kein Wunder, daß die Stasi nicht lange Freude an ihr hatte und die Opferakte, in der die liebevoll „Mitsu“ geheißene zur „Wildsau“ mutierte, schließlich auf acht Bände anschwoll.

Ungeachtet dessen, daß ihre Stasi-Kontakte niemandem geschadet haben, nennt Maron sie heute „unehrenhaft“. Damit könnte sich das moralische Interesse an dieser Affäre bescheiden, wäre da nicht ihre privilegierte Position: Der Stieftochter des von 1955 bis 1963 amtierenden DDR-Innenministers konnte bei ihrem Spiel mit der Macht nicht viel Schlimmes passieren. Man sollte sich schon deshalb hüten, ihren Umgang mit der Stasi umstandslos in die Reihe der Anderson, Wolf, Müller und Bertram einzuordnen.

Es wäre sowieso an der Zeit, statt einzuordnen endlich zu den interessanten Details zu kommen: Wie war das, in eine konspirative Wohnung zu gehen? Wie war das Gefühl, die Agenten der Macht lenken zu können? Und wie war das, zu merken, daß man seinen Machtwünschen auf den Leim gegangen ist? Monika Maron könnte jetzt davon erzählen. Jörg Lau